Start Business As Usual Der Staatssekretär und sein Auto

Der Staatssekretär und sein Auto

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Sepp Schellhorn, frisch bestellter Staatssekretär für Entbürokratisierung im Außenministerium, hat einen neuen Dienstwagen erhalten – und zwar einen ziemlich großen, jedenfalls einen größeren. Ein neuer Audi A8, das ist automobile Oberklasse, ersetzte den bisherigen Audi A6, der auch ziemlich luxuriös war, aber eben doch nicht so ganz. Selbstverständlich kann man so etwas in Österreich, dem Land der Neider, Nörgler und Negeranten, nicht einfach so tun, ohne dass es Schimpf, Schande und Spott hagelt. Vor allem im Internet. In nächster Zeit werden den Staatssekretär auf seinen Dienstfahrten statt des Fahrtwindes Shitstorms umtosen. Da hilft es überhaupt nichts, dass Schellhorn beteuert, die – übrigens wohlfeilen – Leasingraten für das neue Auto seien niedriger als jene für das alte. Und wegen der Kilometerbeschränkung für den früheren Wagen hätten Strafzahlungen am Leasingende gedroht, die jetzt wegfallen.

Fakt ist, ökonomisch war die Anschaffung des neuen Luxus-Audi wohl eine für das Budget gute Entscheidung. Fakt ist sicher auch, dass dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist, alle Vorgaben eingehalten wurden. Die stets penibel agierende Bundesbeschaffungsagentur BBG schließt keine Deals ab und gibt keine Richtlinien vor, bei denen Unsauberkeiten Sand ins Getriebe der Beschaffungen der Republik streuen könnten. Fakt ist weiters, dass Schellhorn beileibe nicht das einzige Regierungsmitglied ist, das sich in die weichen Ledersitze eines Luxuswagens fallen lässt. Fakt ist aber auch, dass die Wahl der neuen Karosse nicht rasend geschickt war. Auch ein neuer A6, nur eben ohne Kilometerbeschränkung deutlich unterhalb dem, was ein Regierungsmitglied im Jahresschnitt zurücklegt, hätte es getan. Natürlich, ein Staatssekretär ist viel, sehr viel mit dem Auto unterwegs – und er arbeitet während dieser Zeit. Der Dienstwagen ist sein Zweitbüro. Deshalb ist es verständlich und in Ordnung, wenn Dienstautos groß sind, Platz im Fond bieten und ein wenig Luxus als Sahnehäubchen oben drauf zur Verfügung stellen. Es kommt auch nicht gut, wenn ein Mitglied der Chefmannschaft der Republik im Kleinwagen daher rattert. Der Spott mancher Medien und die Skandalrufe der – vor allem blauen – Opposition sind daher verlogen, scheinheilig und von einer gewissen Dümmlichkeit getragen.

Allerdings, und jetzt zurück zu Schellhorn: Klugheit und Weitblick geböten, sich auf solche Diskussionen überhaupt nicht erst einzulassen, selbst wenn man die Sache gut argumentieren kann. Ein A6 hätte dem Salzburger Staatssekretär, körperlich nicht wirklich ein Riese, hinten auch genug Beinfreiheit zur Verfügung gestellt. Doch den Neos ist mit dem Eintritt in die Regierung ein wenig der Blick fürs Wesentliche gemeinsam mit dem Zug zum Tor abhanden gekommen. Und wie schon die Grünen schaffen sie die Umstellung von Opposition auf Regierung bisher nicht gut. Vieles von dem, was sie derzeit tun, ist unklug: Der Ansiedlung des Staatssekretariates für Entbürokratisierung im Außenministerium zuzustimmen war schlicht eine Blödheit. Beate Meinl-Reisinger, der als Chefin der Oppositionspartei die Social-Media-Rolle der flotten Lotte aus dem Ausseerland noch ausgezeichnet zu Gesicht stand, kommt darin als Außenministerin eher fragwürdig daher. Ihre im Web regelmäßig geposteten Bilder von morgendlichen Laufstrecken in fremden Städten von New York bis Belgrad sind nicht nur unpassend, sondern interessieren auch niemanden. Von einer Außenministerin wollen die Menschen Gravitas sehen, nicht verschwitzte toughes-Mäderl-Bilder geröteter Wangen. Gemeinsame Auftritte im Web mit dem Musterbeispiel verknöcherter Wirtschaftskammer-Bürokratie, dem Minister-Kollegen Wolfgang Hattmannsdorfer von der ÖVP, sind allenfalls peinlich und ziemlich old school für die in der Opposition noch smart und unkoventionell daher kommende Meinl-Reisinger. Stichwort Imagetransfer. Der Schläue ihrer Kommunikationsberater war dem Anschein nach der Sprung von Opposition auf Regierung zu groß.

Die Performance der Neos in der Regierung ist bisher bestenfalls Durchschnitt. Der Dienstwagen des Staatssekretärs exakt zu jenem Zeitpunkt, als man der Öffentlichkeit mitteilte, dass die Krankenversicherungsbeiträge der Pensionisten erhöht werden, mag als Indiz für Überforderung dienen. Auch wenn beides – Dienstauto und Beitragserhöhung – in der Sache in Ordnung ist, so eine Koinzidenz zu schaffen ist dilettantisch für einen Politiker. Und dilettantische Politiker werden üblicherweise nicht wiedergewählt. Die Blaupause dafür, wie es anders geht, liefert seit Amtsantritt der Finanzminister ab: Josef Marterbauer von der SPÖ erledigt seinen Job unaufgeregt aber korrekt, er sagt stets was Sache ist und gibt dabei sogar glaubhaft seinem persönlichen Unbehagen Ausdruck – vor allem dann, wenn die Botschaften für Bürger und Bürgerinnen schlechte sind. Als Dienstwagen fährt er übrigens einen 7er-BMW in der Langversion, vergleichbar Schellhorns neuem Audi. Aber niemanden juckt´s. +++