Zwei für die Bundesregierung erfreuliche Schlüsse lassen sich aus der Wiener Landtagswahl ziehen: Erstens, dass man trotz diverser Krisen in den vergangenen Jahren als Regierung nicht automatisch vom Wähler abgestraft werden muss. Möglicherweise, wenn man ganz frech denkt, wird gar nur schlechtes Regieren mit herben Verlusten an der Wahlurne quittiert. Jedenfalls verlor die Bürgermeisterpartei SPÖ in Wien nur leicht, die mitregierenden NEOS gewannen sogar fast ein Drittel Wähler dazu. Sie haben damit erstmals die ÖVP überholt – auch ein interessanter Aspekt.
Und zweitens zeigt der Blick auf den Wahlkalender, dass die nächste Wahl, in der es nicht nur um Bürgermeister und Gemeinderäte geht, voraussichtlich erst im September 2027 stattfinden wird. Im kommenden Jahr entscheiden lediglich die Grazer, ob sie weiterhin von einer Kommunistin regiert werden wollen, und das ist – bei allem Respekt – von bundespolitisch überschaubarer Bedeutung.
Fast zweieinhalb Jahre Zeit also, um wirklich regieren zu können. Wenn man es richtig anlegt: Ein bis zwei Jahre Zeit, um wirklich sanieren zu können, damit man vor der oberösterreichischen Landtagswahl bereits positive Ergebnisse vorzeigen kann und im Idealfall wieder budgetäre Beweglichkeit gewonnen hat.
Und es gibt jede Menge zu sanieren: Österreich ist als einziges Industrieland weiter in der Rezession, der Staatshaushalt rinnt aus allen Löchern und die Bürger horten nach wie vor ihr Erspartes trotz mickriger Zinsen. Und obwohl der Staat Rekordausgaben tätigt, ist das Bildungssystem ebenso wie das Gesundheitssystem längst in die Mittelmäßigkeit abgerutscht und die Entwicklung weist weiter nach unten.
„Inmitten jeder Krise liegt eine große Chance“, sagte schon Albert Einstein und seither wird dieser Satz von beinahe jedem Managementberater rauf und runter zitiert. Die Bundes- und die Landesregierungen haben nun diese „große Chance“ gemeinsam mit einem unüblich langem Zeitfenster und der frischen Erkenntnis, dass man mit mutigem Regieren sogar Wählerstimmen gewinnen kann. Also: Wann, wenn nicht jetzt? +++