Wer noch immer zweifelt, ob Österreich in der EU besser aufgehoben ist als alleine auf der Insel der Seligen, möge seinen Blick in diesen Tagen ein wenig über die Landesgrenzen schweifen lassen und ausnahmsweise nicht die Liegestuhlreihen von Jesolo im Visier haben. Ich brauche ebenso keine EU-Normen, die regeln, ob der Schraubverschluss der Milchpackung lose oder fix befestigt ist. Aber alle, die weiterhin Kompetenzen zurück zu den Nationalstaaten verlagern wollen, sollten kurz auf das internationale Tagesgeschehen achten.
Donald Trumps lustiges Ratespiel „Der Zoll des Tages“ geht munter weiter und die Gefahr einer dadurch ausgelösten Weltwirtschaftskrise kommt schrittweise näher. Unterdessen bombardiert Russland Menschen, die auf dem Weg in die Kirche sind, und die Geheimdienste etlicher Länder warnen, dass er nach der Ukraine die EU-Grenzen „testen“ wird.
Zwei Schlüsse daraus drängen sich geradezu auf: Erstens brauchen wir keine Rückführung der EU in Richtung Freihandelszone, wie es die Freiheitlichen wollen, sondern eine Vertiefung mit gemeinsamer Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Der Großteil der substanziellen Probleme des Landes von der illegalen Migration über die Zerstörung des weltweiten Freihandels durch „Agent Orange“ bis zu Präsident Putins Streben nach einem neuen russischen Weltreich kann nur auf EU-Ebene gelöst werden.
Und zweitens brauchen wir als Exportnation mit einem winzigen Binnenmarkt dringend mehr Freihandelsabkommen, wenn mit den USA neun Prozent der heimischen Ausfuhren gefährdet sind. Derzeit lehnt ausgerechnet Österreich – und sonst nur Frankreich – das Mercosur-Abkommen mit vier südamerikanischen Staaten ab. Der Hauptgrund: der Widerstand des Bauernbundes gegen den Import von argentinischem Rindfleisch. Es geht mengenmäßig um ein Steak pro Österreicher und Jahr, das angeblich den Bestand unserer Rinderzucht gefährden soll.
Die Landwirtschaft, die 1,1 Prozent unserer Wirtschaftsleistung erbringt und deren Einkommen zu mehr als der Hälfte aus Subventionen besteht, treibt den exportorientierten Produktionssektor mit 28 Prozent des BIP vor sich her. Dies gelingt nur, da der Bauernbund drei von zehn ÖVP-Abgeordneten stellt. Wenn die ÖVP das nicht in den Griff bekommt, kann sie als Wirtschaftspartei demnächst zusperren.
Sollte Österreich doch nicht vor den Bauern und deren Angst vor argentinischem Rindfleisch kapitulieren, so sollte man sich auf EU-Ebene für den raschen Abschluss von Abkommen mit Australien, Indien und Nordafrika einsetzen. Zumindest vor indischem Rindfleisch kann sich nicht einmal der Bauernbund fürchten, denn dort sind die Kühe noch heiliger als in den Ställen der ÖVP-Abgeordneten. +++