Die meisten der Leserinnen und Leser dieses Blogs werden nicht in Wien leben. Das kann durchaus einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten, aber in diesen Tagen wird man doch um einige mysteriöse und lustige Momente gebracht. In Wien ist nämlich Gemeinderatswahlkampf und die Parteien haben sich offenbar gedacht, in diesen eher trostlosen Zeiten sollte man den Menschen ein wenig unverhoffte Freuden schenken – vor allem in Form von Slogans auf Plakaten. Vielleicht bewahrheitet sich auch nur abermals der Sager von Michael Häupl, wonach Wahlkampf die Zeit „fokussierter Unintelligenz“ sei.
„Weil es um Wien geht“, plakatiert die Bürgermeisterpartei SPÖ. So eine Überraschung, aber ein besonders hoher Erkenntnisgewinn für die politische Ausrichtung lässt sich daraus nicht ableiten. Die SPÖ geht scheinbar eher von einem niedrigen politischen Verständnis ihrer Zielgruppe aus. Dafür hat Bürgermeister Ludwig selbst am Plakat unterschrieben, damit auch niemand am Wahrheitsgehalt dieser brisanten Botschaft zweifeln kann. Oder der Slogan ist doch von subtiler Perfidität – wenn es ums Burgenland ginge, könne man ruhig auch eine andere Partei wählen.
Die ÖVP schließt intellektuell nahtlos daran an: „Wien bleibt Wien“. Man weiß nicht ganz, ob es eine Drohung gegenüber den restlichen Österreichern oder nur der resignierende Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit gegenüber der SPÖ-Dominanz sein soll.
Die FPÖ wiederum reimt immer schlechter, seit Herbert Kickl nur mehr acht Stunden pro Monat arbeitet und den Rest der Zeit auf Bergen herumklettert: „Fleißige belohnen statt Asylmillionen“ ist dennoch nicht als versteckte Kritik am FPÖ-Obmann gedacht, der trotz seltener Anwesenheit die ÖVP in den Koalitionsverhandlungen völlig verschreckte. Aber für das Wiener Wahlergebnis am 27. April werden die holprigen Reime auch egal sein, denn die Arbeit für die FPÖ erledigen seit Jahren ohnehin die anderen Parteien und das sehr erfolgreich.
„Du wählst nicht nur für dich“ ist als Slogan so verwirrend, dass es gleich NEOS und Grüne gleichlautend plakatieren. Für wen denn dann? Ist es etwa die versteckte Aufforderung zum Einwerfen zweier Stimmzettel oder für betreutes Wählen? Die Grünen bleiben auch bei der ergänzenden Botschaft mysteriös: „Zu Hause zu teuer“. Was wollen sie uns damit sagen? Lieber ins Wirtshaus zum Essen? Ins Hotel zum Wohnen?
Den wirklich ehrlichen Slogan traut sich keine Partei zu affichieren. Der würde lauten: „Weil es wurscht ist“. Ab dem Montag nach der Wahl werden sich drei Parteien darum streiten, wer diesmal neben der SPÖ sitzen darf und so tun kann, als dürfe man ein wenig mitreden. Denn am ehrlichsten ist die KPÖ-Botschaft: „Ludwig g´winnt eh“. Und er wird wieder regieren, als stünde die Stadt im Eigentum der SPÖ. +++