Ob die Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung nach dem Ausstieg der Neos vor 24 Stunden (den ich übrigens für nachvollziehbar und gerechtfertigt halte) nun wirklich gescheitert sind oder nicht, ist noch nicht klar. Eigentlich gibt es drei realistische Optionen: Nehammer tritt zurück und der Rest der immer bemitleidenswerter daher kommenden ÖVP erniedrigt sich mit der Bedienung der zweiten Geige in einer Koalition mit der FPÖ unter Kanzler Kickl. Schlecht. Oder es gibt Neuwahlen, die FPÖ gewinnt dazu und die ÖVP verliert weiter, danach: siehe oben. Noch schlechter. Vielleicht wagen sich ÖVP und SPÖ mit ihrer einen Abgeordnetenstimme Überhang tatsächlich auch in eine Zweierkoalition – aber Nehammer und Babler in einem Team ohne Schiedsrichter, das wäre dann Brutalität pur. Ganz anderer Vorschlag:
Ich übernehme die Regierung.
Ich habe auch schon ein Langzeitprogramm. Natürlich kann ich hier nicht ins Detail gehen, daher nur die wesentlichen Eckpunkte:
Budgetsanierung: Ein Pfad über sieben Jahre macht Sinn. Im ersten Jahr werden die nötigen 6,3 Milliarden eingespart durch: Abschaffung des Klimabonus, Abschaffung des Dieselprivilegs, Abschaffung der Pendlerpauschale, Durchführung einer Verwaltungsreform (weniger Staatsdiener, Digitalisierung aller Amtswege). Dazu radikaler Kahlschlag im Förderdschungel, radikale Einsparung sinnloser Ausgaben. Plus Kleinzeug: zum Beispiel Reduzierung der Parteienförderung,
Pensionen: Es braucht eine Pensionsreform, das steht außer Frage. Das Pensionsantrittsalter wird für alle ab 1975 Geborenen auf 68 Jahre angehoben und für alle ab 1980 Geborenen darüber hinaus an die steigende Lebenserwartung gekoppelt. Parallel dazu werden Jobs für Menschen ab 60 in schlauer Weise gefördert. Langfristig wird der Umstieg auf ein austrifiziertes schwedisches Pensionsmodell vorbereitet und dann irgendwann auch exekutiert.
Gesundheit: Das System der niedergelassenen Ärzte wird ausgebaut, das in Richtung Zweiklassenmedizin ausufernde System der Wahlärzte reformiert. Die Medizin-Studienplätze an den Universitäten werden zumindest verdoppelt und Medizin-Studenten besser unterstützt – bei einer zumindest fünfjährigen Bleibe- und Arbeitspflicht in Österreich nach dem Studium bei sonstiger Rückzahliungspflicht der Stipendien. Die Kumulierung von Reichtum bei einigen wenigen Medizinern, die es sich gerichtet haben, wird verhindert, etwa über ein Verbot von parallelen Praxen leitender Spitalsmediziner. Dazu gehört die völlige Entmachtung der Ärztekammern. Ebenso werden die Sozialversicherungen reformiert und von Betonburgen der dunklen Seite der Macht in echte, bürgernahe Serviceeinrichtungen umgewandelt.
Soziales: Wer Hilfe benötigt, bekommt sie großzügiger als bisher. Es kann nicht sein, dass Alleinerzieher, Arbeitslose oder Familien immer öfter in die Armut gedrängt werden. Die Gesellschaft muss insgesamt wieder wärmer werden. Ein Teil dessen, was derzeit durch Verschwendung verprasst wird, soll in den Ausbau der Sozialleistungen für österreichische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen fließen. Der Zugang zum Sozialsystem für nicht-EU-Arbeitskräfte – außer für solche, die aktiv angeworben, ins Land geholt wurden und die über hier nicht vorhandene Qualifikationen verfügen – wird drastisch erschwert. Langfristig wird ein Modell für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ausgearbeitet, das Arbeitslosengeld und Sozialleistungen aller Art ersetzt.
Migration: Echte Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention sind willkommen, werden großzügig unterstützt und in ihre Integration wird mehr als bisher investiert. Für alle anderen außerhalb der EU-Niederlassungsfreiheit gilt: Nur wer die Sprache ausreichend beherrscht, wer integrationswillig ist, wer dank seiner Kenntnisse und Fähigkeiten am Arbeitsmarkt reüssieren kann, darf für einen längeren Zeitraum ins Land. Asylsuchende und bereits über Asylstatus verfügende Personen, die in Österreich kriminell werden oder geworden sind, verlieren jeden Asylstatus und werden ausnahmslos abgeschoben. Wer sich weigert, österreichische gesellschaftliche Grundnormen zu akzeptieren (zum Beispiel Schüler und deren Eltern, die weibliche Lehrkräfte nicht akzeptieren wollen), muss das Land verlassen. Zuzug ins Sozialsystem wird lückenlos unterbunden.
Gesellschaft: Politische Inserate in Medien werden verboten. An ihre Stelle tritt eine großzüge und echte Förderung von Qualitätsjournalismus. Der ORF wird staatlich finanziert bei gleichzeitiger Unabhängigkeitsgarantie, allerdings auch bei Abschaffung der am Küniglberg grassierenden Freunderlwirtschaft (politisch wie auch sonst) und des herrschenden Nepotismus. Ein mehrjähriges Leitkulturprojekt wird initiiert, in dem die Zivilgesellschaft das Sagen hat. Ziel ist die Umwandlung der folkloristischen Ruralkultur Marke Hinterwäldler aus dem vergangenen Jahrtausend, wie ÖVP und FPÖ sie propagieren – in eine moderne, aufgeschlossene, soziale und liberale (das ist nämlich in Wahrheit genau das Gegenteil von einem Widerspruch), gebildete, nachhaltige und zukunftsorientierte Gesellschaft, in der Offenheit und Weltoffenheit Treiber für alles Handeln sind.
Bildung: Ein Drei-Jahrzehnte-Bildungsprojekt wird gestartet. Der Akademisierungsgrad der Bevölkerung soll auf zumindest 50 Prozent gehoben, Handwerksberufe sollen auf clevere Weise akademisiert werden. Gleichzeitig muss die soziale und emotionale Diskriminierung von Nicht-Akademikern aus den Köpfen. In die Bildung – und in die, die sie vermitteln – wird viel, viel, viel mehr Geld gesteckt. Der Beruf Lehrer muss vom Hort der Beharrens (ebenso wie die Macht der Ärztekammern gehört auch die Macht der Lehrergewerkschaft zerschlagen) zum angesehensten Beruf im Land werden. Dementsprechend genau wird hingesehen, wer in den Lehrberuf einsteigt – und dementsprechend gut werden Lehrerinnen und Lehrer auch bezahlt. Das gilt von der Kindergartentante bis zum Hochschulprofessor – wobei überall das Leistungsprinzip eingeführt und Erfolge ständig und mit Konsequenzen in beide Richtungen evaluiert werden. Ärmelschonermentalität hat in allen Bildungseinrichtungen nichts mehr verloren. Universitäre Forschung wird finanziell besser ausgestattet als es derzeit der Fall ist.
Wirtschaft: Natürlich werden die Lohnnebenkosten gesenkt, ebenso die Körperschaftssteuer. Und zwar für Unternehmen, die in Nachhaltigkeit und damit in die Zukunft investieren. Die vielen Bürokratieschwellen werden planiert, die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern wird abgeschafft. Gefördert werden nur mehr Unternehmen und unternehmerische Tätigkeiten, die umweltpolitischen Gesichtspunkten genügen. Der Flächenfraß in Österreich wird gestoppt: Wer zu wirtschaftlichen Zwecken bauen und Flächen versiegeln will, hat eine hohe Steuer pro verbautem Quadratmeter zu zahlen. Die Attraktivität Österreichs als moderner Wirtschaftsstandort für zukunftsorientierte und nachhaltige unternehmerische Tätigkeit ist oberstes Ziel. Unternehmen, die forschen, vordenken und in Zukunft investieren, werden begünstigt.
Verwaltung: Die Zahl der Staatsdiener wird in den kommenden 20 Jahren auf die Hälfte reduziert und in der Beamtenschaft hält das Leistungsprinzip Einzug, das Ärmelschonertum kommt ins Museum. Definitivstellungen werden bis auf wenige Ausnahmen abgeschafft. Der Föderalismus wird ins Ausgedinge vertschüsst: Bundesländer und Gemeinden werden ersatzlos abgeschafft – es bleiben mit dem Bund und den Bezirken nur mehr zwei Verwaltungsebenen, die unter einer einheitlichen Bundesgesetzgebung agieren. Statt der Bürgermeister gibt es gewählte Gemeindeombudsmänner oder -frauen, die ihre Kommunen-Bevölkerungen gegenüber der Verwaltung vertreten.
Steuern und Staatsfinanzierung: Das Steuersystem wird mittelfristig komplett umgekrempelt. Statt Arbeit wird Nachhaltigkeit zur maßgeblichen Basis für die Abgabenberechnung. Kurzfristig werden Steuerschlupflöcher geschlossen, die Grundsteuer deutlich erhöht, eine hohe Nikotinsteuer zusätzlich zur Tabaksteuer eingeführt, ebenso eine Zuckersteuer nach britischem Vorbild und meinetwegen sogar die lustige Motorbootsteuer oder Ähnliches. Sehr Wohlhabende werden zu einem sehr hohen steuerlichen Solidarbeitrag mit Zweckbindung für soziale Ausgaben verpflichtet. Unternehmen und Konzerne, die in Österreich agieren, werden gezwungen, in Österreich auch Steuern zu zahlen. Die Einkommensteuern werden schrittweise gesenkt, die Abgabenquote in Österreich soll langfristig auf 35 bis höchstens 40 Prozent gesenkt werden.
So sieht es also aus. Ja, ich weiß – da bleiben viele Fragen offen und so manches korreliert nicht mit der EU-Gesetzgebung. Aber das sind ja auch nur die Eckpunkte – intelligente Detaillösungen müssten gefunden werden. Bei drei Monaten Zeit – also so lange, wie die Koalitionsverhandler bis jetzt ergebnislos miteinander gesprochen haben – wird das möglich sein. Und glauben Sie mir: Die Sache würde langfristig funktionieren – man muss nur wollen. Am Ende stünde dann in 20 oder 25 Jahren ein zukunftstaugliches, wohlhabendes, international angesehenes und bestens funktionierendes Österreich, in dem die Alten geehrt werden, die Jungen Arbeit haben, die Pensionen gesichert sind, in dem Kreativität und Leistung blühen, in das internationale und hochqualifizierte Arbeitskräfte drängen und wo es so vielen Menschen wie möglich gut geht. +++