Die Wirtschaft brauche die Migranten als Arbeitskräfte, da zu wenige Kinder geboren würden, lautet ein häufig benutztes Argument. Immerhin fehlen uns an allen Ecken und Enden qualifizierte Mitarbeiter. In dieser Aussage sind zumindest eineinhalb Denkfehler enthalten.
Erstens sind 70 Prozent der Erwerbstätigen im Dienstleistungsbereich beschäftigt, viele in den persönlichen Dienstleistungen. Sofern diese Dienstleistungen nicht exportiert werden, werden sie für die heimische Bevölkerung erbracht. Nur als Gedankenexperiment: Österreichs Einwohnerzahl würde stagnieren oder gar sinken und nicht pro Jahr aufgrund der Zuwanderung um mindestens 1 Prozent wachsen. Dann bräuchten wir keine zusätzlichen Elementarpädagoginnen und Lehrerinnen, kein neues Krankenhauspersonal und keine neuen Polizisten. Auch der Einzelhandel würde plötzlich mit der bestehenden Mitarbeiterzahl auskommen, ebenso der öffentliche Dienst und bei den Friseuren und in der Gastronomie ist der direkte Zusammenhang ganz offensichtlich.
Außerdem üben von den Migranten im Erwerbsalter weniger als drei Viertel einen Job aus. Die höchste Quote erreichen dabei die Deutschen und andere EU-Bürger, während es bei Syrern, Afghanen und Irakern nur mehr vier von zehn sind. Dazu kommt, dass immer weniger der neu Ankommenden alphabetisiert sind: 2023 waren es (in unserer Schrift) nur mehr 35 Prozent. Ein Viertel war selbst in der Heimatsprache nicht des Lesens mächtig. Damit sinken die Jobmöglichkeiten in einem Land mit teuren Produkten und Dienstleistungen auf ein Niveau ähnlich meinen Chancen, demnächst die Abfahrt auf der Kitzbüheler Streif zu gewinnen.
Im Jahr 2000 erreichte Österreich acht Millionen Einwohner und man hatte damals nicht den Eindruck, als würden uns Hunderttausende Arbeitskräfte fehlen. Im Gegenteil – weniger Einwohner würden den Flächenverbrauch und die Bodenversiegelung stoppen. Der Verkehr würde mit weniger Staus ablaufen können und die Mietpreise würden zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte sinken.
Zugegeben, für das Pensionssystem müsste man sich neue Lösungen einfallen lassen, aber mit einem Stabilisieren der Bevölkerungszahl auf dem heutigen Niveau von 9,2 Millionen wäre dies möglich. Etwa durch gesteuerte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt über ein umfassendes Punktesystem, das Qualifikation, Lebensalter und Sprachkenntnisse bewertet. Verfolgten Menschen eine Chance zu bieten, ist das eine, aber das Argument der dringend benötigten neuen Arbeitskräfte aus Afghanistan oder Somalia hinkt jedenfalls stärker, als es Lord Byron oder Dr. House jemals taten. +++