Start Editor's Blog Das Konzept, die Kunst, ich und – Sie, wenn Sie wollen

Das Konzept, die Kunst, ich und – Sie, wenn Sie wollen

326
0

Haben Sie’s vernommen? Irgendeiner von den vielen Ungewöhnlichen da draußen hat eine Banane an die Wand geklebt und diese Wand wurde Anfang der Woche als “Konzeptkunst” bei Sotheby´s versteigert. Das Konzeptkunstwerk hat tatsächlich einen Käufer gefunden. Und zwar einen, der 6,2 Millionen Dollar (in Worten, damit Sie’s glauben: sechskommazwei Millionen) dafür hingeblättert hat. Das Problem, dass die Banane eher früher als später an ihrer Wand verfault, muss der Käufer lösen, indem er alle paar Tage, so empfiehlt es der Konzeptkünster, eine neue Banane kauft und sie mit einem neuen Stück Klebeband, ebenfalls zu besorgen vom Käufer, selbst neu an die Wand klebt. Denken Sie jetzt nur nicht, dass wir alle verloren sind, weil: ernsthaft? Jedenfalls könnte man natürlich viel dazu sagen, doch lassen wir das lieber. Nehmen wir es stattdessen als Zeichen, dass der Käufer ein Schwerreicher ist, der seine Moneten mit Kryptowährungen verdient hat. Dann tun wir uns womöglich leichter, achselzuckend zum Schluss zu kommen: Eh klar.

Wenn Sie meine Blogposts aus der Vergangenheit verfolgt haben, wissen Sie womöglich: Als freier Journalist und Autor arbeite ich in einer Krisenbranche, das Geld zum Leben in ausreichender Menge zu verdienen ist mühsam geworden. Seit geraumer Zeit denke ich darüber nach, was ich sonst noch können könnte und wollen sollte und ob sich das irgendwie in Übereinklang bringen und das Geld zum Leben dann damit verdienen ließe. Neuorientierung quasi. Ergebnis: Mir ist nichts eingefallen.

Aber jetzt!

Wie eine LED leuchtete in meinem Kopf der Satz auf: Du wirst Konzeptkünstler!

Natürlich zweifelte ich als unmittelbare Reaktion an mir selbst, doch die LED schrieb mir innen auf die Stirn:

Nix da, keine Sorge, erstens hast du das voll drauf und wenn einer mit einer Banane an der Wand loszieht und mit über sechs Mille heimkommt, dann gibt es nichts, was nicht geht. Du hast ausgesorgt.

Wie der berühmte Schriftteppich aus Star Wars zog das Gsatzerl an meinem geistigen Auge vorüber und diffundierte ganz hinten, oben, ins Nichts meiner sonstigen Ideenlosigkeit. Wer bin ich, dass ich das negieren könnte? Ich ging sofort ans Werk. Selbstverständlich kopierte ich das Bananenwanddingsbums nicht einfach, sondern entwickelte mit aller Genialität, zu der ich fähig war, ein Evolutionsmodell: Ich aß einen halben Apfel, legte die zweite Hälfte in den Kühlschrank und ließ sie bis heute vor sich hin gammeln. Besonders ansehnlich ist das Apfelfragment nicht mehr, aber das ist in der Kunst ja nicht schlecht. Dann Klebeband, weiße Wand hatte ich genug zuhause vorrätig, und: fertig. Sie können sich das am Bild eh ansehen. Selbstverständlich kannst du am Konzeptkunstmarkt mit einem Namen wie Klaus Puchleitner nicht reüssieren. Ich meine, da lachen ja alle, da brauchst du schon etwas Affektierteres. Italienisch kommt immer gut, überlegte ich. Also biete ich das Werk unter dem Pseudonym  “Domenico Casagrande” an. Aus dem Namen, ich habe ihn von einem meiner italienischen Vorfahren mütterlicherseits geklaut, mögen Sie einen Hinweis destillieren, was ich mit dem Geld aus dem Verkauf anzufangen gedenke.

Bevor ich das ganze Sotheby´s anbiete, haben Sie kurzfristig die einmalige Chance, das Werk direkt vom Künstler zu erwerben, Factory Outlet quasi. Ich bin nicht gierig, mit zwei Mille sind Sie dabei. Beachten Sie aber, dass Sie den halben Apfel alle zwei Wochen auswechseln müssen – und das geht nur, nachdem Sie die eine Hälfte des Ersatzes selbst verspeist haben, bevor Sie den zweiten Teil an die Wand kleben. Sorry, aber das ist nicht verhandelbar, wir sprechen ja hier von Kunst und da sind wir Künstler gnadenlos. Die Apfelsorte dürfen Sie aber selbst aussuchen, da bin ich nicht so. Und jetzt, aus meiner Sicht: Der Reichtum kann kommen, adieu Journalismus.

Sollte das nicht klappen, auch wenn ich mir das nur sehr schwer vorstellen kann, habe ich bereits einen Plan B.

Soeben hörte ich im Radio (Ö1 ist wohl auch nicht mehr das, was es einmal war) das Interview mit einem Filme- und Theatermacher. Der Mann hat einen Roman geschrieben, er heißt “Der Hang” oder so irgendwie, die Handlung: Ein Hang kommt ins Rutschen und die Geschichte, was sich daraus entwickelt, wird aus Sicht einer Maus erzählt. Sie haben sich nicht verlesen. Einer Maus. Das Viech heißt Lucinde, erfahre ich. Ich sage dazu: Hm. Aber wenn man es mit sowas ins Radio schafft, muss ich darauf hinweisen: Das kann ich natürlich auch.

Wenn das mit der Obstkonzeptkunst nicht hinhaut, schreibe ich also einen Roman – und zwar nicht den, an dem ich seit drei Jahren ohnehin arbeite, der “Von solchem Stoff” heißt und bis auf drei Kapitel fertig ist. Sondern einen richtigen, einen seriösen, einen mit literarischer Qualität, mit Gravitas. Die Idee habe ich schon. Es wird um zwei Schneeflocken gehen, die oben losgeschickt wurden und sich, weil ja Klimawandel, nun im Flug vor dem gruseln, was sie unten erwartet. Die Leser erfahren, was sich das Duo unterwegs so denkt. Die Flocken werden Flinki und Flanki heißen. Flockig, oder? (Hoho, kleines literarisches Wortspiel!) Außerdem: Flocke Flinki, Flocke Flanki. Schnallen Sie’s? Aliteration! Wenn das nicht große Literatur ist.

Ich sag Ihnen, das wird ein Bestseller. Und ich werde berühmt. Wenn Sie mir, liebe Bobos unter meinen Bloglesern und Innen, ein Mail schicken, verspreche ich Ihnen ein signiertes Gratisexemplar des Buches – zumindest den ersten Zehn von Ihnen. Das können Sie dann an irgendeine Wand kleben und, Sie wissen eh schon …

Konzeptkunst halt. +++