Eines vorausgeschickt – ich bin seit zwei Jahren ASVG-Pensionist. Ich beziehe nach etwa 37 Arbeitsjahren eine Pension, die über dem österreichischen Medianeinkommen liegt. Das bedeutet, mehr als die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung bekommt weniger Geld für die eigene Arbeit als ich für mein Nichtstun. (Ich schreibe Bücher, aber dieses Einkommen reicht höchstens für ein paar Große Braune im Monat). Das empfinde ich als grob ungerecht, obwohl ich die meiste Zeit meines Arbeitslebens hart gearbeitet habe.
Laut Statistik habe ich bei Fortschreibung der steigenden Lebenserwartung noch etwa 20 Jahre Pensionsbezug zu erwarten. Das bedeutet, ich habe die ersten 26 Jahre meines Lebens (fast) nicht gearbeitet, gleiches gilt für die letzten 22 Jahre und das alles soll von 37 Arbeitsjahren finanziert werden.
Jeder Mensch, der nur einigermaßen vorurteilsfrei denken kann, erkennt: Das kann sich nicht ausgehen. Tatsächlich werden fast 30 Milliarden Euro Steuereinnahmen pro Jahr aufgewendet, um diese Lücke zu schließen. Oder anders ausgedrückt: Etwa 80 Prozent der Lohnsteuereinnahmen werden nur dafür gebraucht, das Defizit im Pensionssystem auszugleichen. Zwei bis drei Arbeitnehmer zahlen derzeit ihre Lohnsteuern und Pensionsbeiträge bloß dafür, meine Pension zu finanzieren. Und 2028 werden bereits fast 37 Milliarden Zuschuss notwendig sein, denn meine Generation ist der Bauch in der „Alterspyramide“, die längst keine Pyramide mehr ist, sondern eher ein Sumo-Ringer.
Wenn also zumindest vor der Wahl zwei der drei nun eine Regierung verhandelnden Parteien erklärt haben, am Pensionssystem werde nichts geändert, ist das Realitäts- und Arbeitsverweigerung.
Als Pensionist und mit dem Gewicht einer Wählerstimme fordere ich daher: Rasche Anhebung des Pensionsantrittsalters mit automatischer Koppelung an die statistische Lebenserwartung, steuerlich Anreize für Vollzeitarbeit, stärkere Bemühungen zur Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt und vor allem Pensionserhöhungen deutlich unter der Inflationsrate für alle Pensionen über 2000 Euro – zumindest für fünf Jahre.
Für die Spätgeborenen: Die letzte echte Pensionsreform stammt aus dem Jahr 2000. Der dafür verantwortliche Bundeskanzler Wolfgang Schüssel steigerte das Ergebnis der ÖVP bei der nächsten Wahl um 15 Prozentpunkte auf mehr als 42 Prozent. Manchmal zahlt sich politischer Mut eben aus. +++