„Trumps Lieblingswort lässt Europa bangen“ titelte orf.at und die blaue Seite war nicht allein. Überall realisiert man, dass der künftige US-Präsident seine Drohung von hohen Einfuhrzöllen tatsächlich wahrmachen könnte. „Für mich ist das schönste Wort im Wörterbuch der ‚Zoll‘, sagte er im Wahlkampf.
„America first“ würde auch tatsächlich die europäische Wirtschaft und ganz besonders die Exportnationen Deutschland und Österreich belasten. 20 Prozent Zoll will Trump auf europäische Autos aufschlagen, 10 Prozent auf alle sonstigen Industriegüter aus der EU. Mehr als 10 Milliarden Euro exportiert Österreich jedes Jahr in die USA, das damit das zweitwichtigste Abnehmerland für heimische Waren ist. Und in diesen 10 Milliarden machen Kraftfahrzeuge und Maschinen den relativ größten Brocken aus. Das ohnehin in einer langen Rezessionsphase steckende Österreich hat also jeden Grund, nervös zu werden. Hier stehen Tausende Arbeitsplätze am Spiel.
Doch diese Nervosität vor Trumps Zollkeule wäre nicht notwendig, wenn die Politik vorausblickend und nicht populistisch gehandelt hätte. Die USA waren vor etwa zehn Jahren sehr an einem Freihandelsabkommen, also Handel ohne Zöllen, mit der EU interessiert. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die vier Buchstaben „TTIP“. Doch die EU wollte dann lieber doch nicht und unter den lautstärksten Ablehnern war natürlich die Exportnation Österreich. Noch 2017 haben sich alle Parlamentsparteien mit Ausnahme der NEOS gegen weitere Verhandlungen mit den USA ausgesprochen.
Der Hauptgrund für die heimische Ablehnung waren Bedenken um die Lebensmittelsicherheit und die Angst, US-Fleischimporte könnten uns unsere Gesundheit kosten. Das „Chlorhuhn“ wurde dabei zum Wappentier des Widerstands. In den USA werden doch tatsächlich Hühner mit Chlordioxid desinfiziert. Niemand hätte es kaufen müssen, aber allein die Möglichkeit, dass so etwas in einem österreichischen Geschäft hätte landen können, reichte für 60% TTIP-Ablehnung in der Bevölkerung. Alle Achtung, ÖVP-Bauernbund und Raiffeisen – das war höchst professionelles Lobbying, um billigere Lebensmittel in unseren Regalen zu verhindern. Zum Schaden des restlichen Landes.
Nun sind wir mit den Folgen des bäuerlichen Widerstands und der politischen Kurzsichtigkeit konfrontiert. Noch jede außenhandelspolitische Analyse, die nicht von Greenpeace oder Attac kommt, hat gezeigt, dass von freiem Handel beide Seiten profitieren. In den kommenden vier Jahren werden die EU-Staaten und Österreich im Besonderen erfahren, welche Nachteile die damalige TTIP-Ablehnung bringen wird. Hoffentlich lernt man wenigstens diesmal dazu, denn beim Mercosur-Abkommen mit Lateinamerika existiert ebenso ein gültiger Ablehnungsbeschluss aller Parlamentsparteien mit Ausnahme der NEOS. Nur zur Erinnerung, liebe Abgeordnete: 60% unserer Wertschöpfung kommen aus dem Export. +++