Die letzte Fernsehkonfrontation ist geschafft und längst wurde der legendäre Satz von Karl Valentin, wonach alles gesagt sei, aber noch nicht von allen, übertroffen: Nunmehr ist alles, was gesagt werden kann, gesagt, und zwar von allen und auf allen TV-Sendern.
Ich persönlich glaube ja nicht, dass in solchen Diskussionen viele Wählerstimmen geholt werden können. Die plötzliche Eingebung „Ich habe mich fünf Jahre lang nicht für Politik interessiert, aber jetzt gebe ich mir zwei Elefantenrunden, was immer das auch ist, und dann weiß ich, wen ich wählen soll“, ist vermutlich eher selten anzutreffen. Häufiger sitzen wohl Menschen wie ich vor den TV-Schirmen, die seit langem wissen, wen sie wählen wollen, und lediglich interessiert sind, wie das Verhältnis zwischen echten Argumenten und inhaltsbefreiten Floskeln ausfällt, und wie subtil oder brachial die Beleidigungen und Untergriffe vorgebracht werden.
Nun also „ist der Wähler am Wort“, wie dieser überstrapazierte Gemeinplatz lautet, wenn man keine Antwort auf die Frage nach angestrebten Koalitionen oder erwartetem Ergebnis der eigenen Partei geben will. Wenn der sein „Wort“ samt dazugehöriger Stimme abgegeben hat, wird vom nunmehr wieder wortlosen Wähler viel Geduld notwendig sein, denn einfach wird die Regierungsbildung sicher nicht.
Ich habe daher meine Glaskugel im Kaffeesud versenkt und einige Zeichen entdeckt. Hier meine Vorhersage: Die ÖVP kann sich nach der Wahl den/die Koalitionspartner aussuchen. FPÖ und SPÖ werden ihre inhaltlichen Hürden langsam herunterfahren und durch Kränze aus Kornblumen respektive roten Nelken ersetzen, wenn auch in unterschiedlichem Tempo. Für die ÖVP wird in der Rolle als Bachelor der Erhalt des Kanzlersessels mindestens ebenso viel zählen wie inhaltliche Zugeständnisse der freienden Kandidatinnen. Und die ÖVP hat einige Erfahrung darin, Wahlen zu verlieren und Regierungsverhandlungen zu gewinnen.
Scheitern Bierpartei und KPÖ am Einzug ins Parlament, könnte sich sogar die alte „Große Koalition“ ausgehen. „Arschknapp“, aber der Bundespräsident würde hier sicher keine Urheberechte geltend machen, sondern glücklich zur Kaffeerunde laden. Ein ansonsten notwendig werdender dritter Partner würde NEOS heißen, denn die Regierungschancen der Grünen wurden von Leonore Gewessler im Juni vollständig renaturiert.
Wahrscheinlicher ist dann aber, dass die ÖVP auf einen vermutlich wenig flotten Dreier verzichtet und lieber „die Krot“ Herbert Kickl schluckt, solange kein Volkskanzler, sondern ein Volkspartei-Kanzler regieren wird. In einer Zweier-Koalition bleiben einem immer mehr Ministerposten als wenn drei am Regierungstisch sitzen.
Und die Geduld in der ÖVP, Andreas Babler lange zuzusehen, wie er in den Koalitionsverhandlungen für die eigene Parteilinke den Sven Hergovich macht, würde rasch enden. Zur Erinnerung. Der niederösterreichische SPÖ-Vorsitzende wollte sich nach der Landtagswahl lieber „die Hand abhacken lassen“ als auf Kernforderungen zu verzichten, und so darf sich nun Udo Landbauer „Landeshauptfrau-Stellvertreter“ nennen lassen. Gleiches könnte auf Bundesebene passieren, denn eine allfällige Abwahl des sperrigen Andreas Babler dauert dank der Statutenänderung auf Direktwahl durch die Parteimitglieder Monate. Bis dahin wird der Bachelor Karl Nehammer seine Wahl schon getroffen haben. +++