Lassen Sie mich Ihnen heute nach längerer Pause wieder einmal etwas über Linksgolf erzählen. Damit ist kein Auto gemeint, auch keine Meeresbucht, sondern natürlich das Golfspiel. Und zwar nicht die Richtung, in die es gespielt wird. Ich stelle gerne klar: “Link” ist das englische Wort für “Verbindung” – und Links heißen dementsprechend jene meist eher kargen Küstenlandstriche, zumeist in der Nähe von größeren oder kleineren Flussmündungen, die auf den Britischen Inseln das Meer mit dem Land verbinden. Sie sind sandig, grasbewachsen, hügelig – anderswo sagt man auch Dünen dazu. Die Links der Britischen Inseln eignen sich hervorragend zum Spazierengehen – und eben zum Golfspiel.
Golf in den Links ist großartig, vor allem in Irland. Der Wind weht beständig um die Nasenspitze und flüstert einem von Verlockungen und Abenteuern aus der großen, weiten Welt in die Ohren. Denn von dort kommt er, der Weltwind. Und er hat viel zu erzählen, wenn er an die Küsten der Grünen Insel trifft. Von zahlreichen Stellen aus sieht man das Meer, man hört die Wellen, man riecht das Salz. Man fühlt sich umspült vom Duft der Weite, der Unendlichkeit des Schönen. Die Links sind eine Wunderwelt versammelter Großartigkeiten, so geht Seelenglück. Zumindest für mich. Linksgolf ist die Königsdisziplin des Golfspiels, alles andere ist dagegen genau nichts. Ich habe auf irischen Linksgolfplätzen schon gesungen und geweint vor Freude, weil rund um mich herum alles so wunderschön war.
Ich habe dort schon wunderliche bis kuriose Dinge erlebt und auch dazu passende Menschen getroffen. So lernte ich zum Beispiel Richard kennen, an die 90 Jahre alt, schwer gehbehindert, halb taub, ziemlich schrullig, aber er spielte immer noch Golf. Und erzählte mir nach neun Löchern auf dem formidablen Kurs von Enniscrone an Irlands wilder Westküste, dass eigentlich zuhause seine Frau mit dem Kaffee auf ihn wartet, weil die Milch aus war und sie ihn runter zum Supermarkt gegenüber geschickt hatte, er stattdessen jedoch auf einen Abstecher zum Golfplatz mäandert war. “Jetzt muss ich aber heim”, sagte er dann drei Stunden später zu mir, sonst wird der Kaffee kalt und meine Frau vielleicht wütend.” Oder ich stand am Kurs von Lahinch und blickt nach vorne, hinauf in einen stahlblauen irischen Himmel, als ich am Rücken multiple Einschläge wovon auch immer spürte. Während vor mir die Sonne schien, hatte das wankelmütige irische Wetter hinter mir einen wilden Hagelsturm mit finstersten Gewitterwolken aus dem Hut gezaubert. Ich erinnere mich auch gerne an den zutraulichen Fuchs am Royal Dublin Golf Course und an die verschossenen 21 (!) Bälle am enorm schweren Kurs von Royal County Down, der im Frühling gerade von blühendem Ginster überwuchert wurde, ein gelbes Meer der Vollkommenheit. Ich stapfte durch die Berge und Täler der Spielbahnen von Doonbeg an der irischen Westküste, von Rosapenna an der Nordküste, wanderte die Fairways oben auf den pittoresken Cliffs von Old Head im Süden entlang, und war schwer verliebt in Irlands betörende Küsten-Schönheiten.
Ich besuchte den damals nagelneuen Linkskurs von Doonbeg, der heute dem Mann mit dem Meerschweinchen am Kopf gehört – ebenso wie den außeririsch außerirdisch schönen Wunderkurs “Trump international Scotland” nördlich von Aberdeen. Dort ließ ich mir vom Clubmanager die schwer peinlichen goldfarben gestrichenen Heizkörper im Gästehaus erklären. “Schrecklich”, gab er pikiert zu und rollte die Augen, “aber Sie wissen ja, der Eigentümer …”. Ich wusste. Sein Ruf eilte dem Seltsamen voraus, obwohl der damals noch gar nicht als amerikanischer Gagapräsident sein Land und die Welt ins Chaos gestürzt hatte.
Jedenfalls, auf Linkskursen blickte ich auf Weizenmeere wehender Dünengras-Wellenberge, begegnete fremden, bunten Insekten, traf freundliche Menschen und fühlte mich all kissed by the rivers and touched by the sea. Eines war immer gleich: Wann immer ich auf einem Linkskurs Golf spielte, egal wann und egal wo, immer war ich glücklich und das Leben in diesen Stunden war nicht das übliche Alltags-Jammertal, sondern die Märchengeschichte eines Lottogewinnes.
Sollten Sie Golf spielen, müssen Sie das zumindest einmal im Leben machen, unbedingt: Auf einem Linkskurs spielen, vorzugsweise in Irland. Holen Sie gerne jederzeit von mir Tipps ein. Linksgolf, vor allem wenn die Luft lau und der Himmel blau ist, wird Ihnen die Seele weiten, das Herz öffnen und die Lungen durchlüften, ihren vielleicht schwierigen Alltag werden Sie als wie weggeblasen erleben. Linksgolf spielen, das ist eine der großartigsten Sachen, die man in seinem Leben tun kann.
Ich kratze ja bereits an die am Horizont auftauchenden Mühen des Alters, daher darf ich das sagen: Sex, nicht einmal guter Sex, ist nichts dagegen. +++