Die neue Bundesregierung hat die Arbeit aufgenommen. Endlich geschafft, meint man aufs erste. Immerhin stehen Tausende Vorhaben im Regierungsprogramm festgeschrieben – von der Förderung „kleinflächiger Alternativkulturen bei Obst, Gemüse, Kräuter, Heil- und Gewürzpflanzen“ über das Bekenntnis zum „Platz als Skination Nummer Eins“ bis zum Absehen von neuen Rauchverboten in Freiluftbereichen der Gastronomie. Alles festgezurrt also, wenn man auf 211 Seiten sogar reinschreibt, was man nicht machen wird.
Irrtum! Gerade in den entscheidenden Bereichen fehlen die klaren Einigungen. Hunderte Male finden sich Formulierungen wie „Möglichkeit prüfen“ oder „Evaluierung von …“. Diese Begriffe werden insbesondere verwendet, wenn es um die notwendigen Einsparungen geht, um das Budgetziel zu erreichen. Dabei zeichnet sich immer mehr ab, dass nicht einmal die zugrunde gelegte Einsparung von 6,4 Mrd. € ausreichen wird. Die Wirtschaftslage verschlechtert sich weiter; das dritte Rezessionsjahr in Folge wird immer wahrscheinlicher, womit in der Volkswirtschaft nur mehr zwei Bereiche wachsen: das Budgetloch und die Zahl der Arbeitslosen. Vielleicht noch die Zahl der Staatssekretäre.
Auf echte Strukturreformen, die jedes Jahr wirken, wurde jedoch weitgehend verzichtet. Wenn es wirklich heikel wurde, erinnerte man sich an die alte politische Regel: „Wer nicht mehr weiter weiß, gründet einen Arbeitskreis.“ Also hat die neue Bundesregierung ihre notwendigen Reformen erledigt durch: Eine Taskforce zur Reduktion der Förderungen und eine für Einsparungen bei ausgegliederten Einheiten, eine Expertenkommission gegen die steuerliche Betrugsbekämpfung, eine Fördereffizienzarbeitsgruppe oder eine Expertengruppe zur Finanzierung der Sozialversicherung. Und so weiter. Die Krönung ist allerdings die Entbürokratisierung durch Gründung einer „zentralen Stelle für Entbürokratisierung“. Natürlich im Außenministerium angesiedelt und mit jährlicher Berichtspflicht samt drei Durchschlägen.
Also werden bald die ideologischen Gräben zwischen sparbewussten NEOS, dem „Wir wollten eh Blau-Schwarz“-Wirtschaftsflügel der ÖVP, dem „Koste es, was es wolle“-Flügel der ÖVP und einem Finanzminister aufbrechen, der innerhalb der SPÖ eher links von Andreas Babler steht, auch wenn dort nur mehr ein paar Zentimeter Platz sind. Kaum 48 Stunden im Amt hat Markus Marterbauer bereits eine neue Sondersteuer geplant, die sich nicht im Regierungsprogramm findet. Bald wird also wieder intensiv verhandelt werden, wo wieviel eingespart werden soll oder eben nicht. Und darüber wird sich vor allem einer freuen – Herbert Kickl, der einzig nachhaltige Grund, warum diese Koalition durchhalten könnte. +++