Was machst du, wenn du eine überzählige Wohnung hast? (Nicht, dass Sie glauben, ich muss mich mit diesem Luxusproblem ernsthaft herumschlagen – ich bin nämlich tatsächlich arm wie eine Kirchenmaus.) Aber immerhin, ich habe eine Eigentumswohnung in Graz, in der ich nicht wohne und die ich vor ein paar Jahren unter selbstmörderischer Plünderung meines Kontos renoviert habe.
Eine Zeit lang war sie an ein italienisches Pärchen vermietet, das sich dann vor Ablauf des Vertrages nach Wien vertschüsste, was sich als Segen herausstellte, denn ich hatte an der Beseitigung der Verwüstungen, die die beiden hinterließen, eine Zeit lang zu arbeiten. Dann wohnte, völlig kostenlos selbstverständlich, eine ukrainische Flüchtlings-Mutter mit ihren beiden kleinen Kindern in der Wohnung. Als ich mitkriegte, dass sie in Österreich schnell einen gut bezahlten Job gefunden hatte und von ihr künftig eine – stark, stark reduzierte – Miete wollte, verweigerte sie und zog aus. War wohl nicht schwer für sie, eine andere kostenlose Unterkunft zu finden. An der Beseitigung der Verwüstungen, die sie mit ihrem Nachwuchs hinterlassen hatte, arbeitete ich eine Zeit lang. Seither: Vermietung über AirBnB.
Das ist eine besondere Herausforderung und ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, seit den diversen Corona-Lockdowns haben die Menschen ganz generell einen Klescher. Und alle Klescher der Welt kulminieren in der schrulligen, aus meiner Sicht wenig angenehmen Welt von AirBnB und dem Verhalten mancher AirBnB-Gäste.
Da war zum Beispiel die Brasilianerin, die sich über den kaputten Herd in der Küche beschwerte, wobei sich herausstellte, dass sie nur nicht in der Lage war, die Einschalttaste am Induktionskochfeld zu finden. Die dann die Waschmaschine demolierte und sich hinterher bei AirBnB beschwerte, dass sie nicht funktioniert. Die irgendein Insekt durchs offene Fenster in die Wohnung ließ, es fotografierte, und sich dann bei AirBnB beschwerte, dass diese “voller Zecken” sei. Und die dann mittendrin während der Miete einfach auszog ohne was zu sagen, den Schlüssel mitnahm, und von AirBnB verlangte, sie sollen die halbe Miete von mir retour fordern und an sie auszahlen. Was die tatsächlich getan haben, aber das ist eine andere Geschichte.
Da war der deutsche Waldorfschulen-Lehrer, der am Gasrohr über dem Türstock eine Schaukel für seine beiden kleinen Kinder montieren wollte, falls die zu Besuch kämen. Das deutsch-russische Ehepaar aus Nordirland, das in der Wohnung ein Baby bekam und plötzlich zu dritt dort wohnte. Der italienische Ingenieur, der die Sat-Schüssel am Dach neu justieren wollte, damit er seine angestammten italienischen Sender (es handelte sich, stellte sich rasch heraus, um diverse Porno-Kanäle) schauen konnte. Der Kremser Arztsohn, der in London Medizin studiert hatte und jetzt die restlichen Examen in Österreich absolvieren wollte, wozu er die Medizin-Aufnahmsprüfung zu machen hatte, die er nicht schaffte, was er dem Anschein nach durch eine große Party kompensierte. Oder was auch immer, Ergebnis der Miete jedenfalls: drei kaputte Sessel, eine kaputte Fensterscheibe, eine kaputte Lampe, im Bad die Armaturen aus der Wand gerissen, ein demolierter Postkasten, und noch so einige Kleinigkeiten mehr. An der Beseitigung der Verwüstungen arbeitete ich eine Zeit lang.
Außerdem kam ich in den Genuss der Erfahrung: Wenn du bei AirBnB als Gastgeber – “Host” heißen die stylish-cool – mit einem Problem aufschlägst, dich über einen Gast beschweren oder gar eine Versicherungsleistung abrufen willst, bist du ein bissl der Depp. Sie lassen dich so lange gegen diverse bürokratische Wände laufen, bis du aufgibst. Von Kundenservice und Dienstleistungsorientierung keine Spur.
Als ich im Fall der seltsamen Brasilianerin in einer Facebook-Gruppe für Hosts nachfragte, ob jemand mit solchen Problemen Erfahrungen hätte, meldete sich darüber hinaus sofort die Gruppen-Administratorin. Ich solle gefälligst damit aufhören, Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu diskreditieren (ich hatte erwähnt, dass es sich bei dem Problemgast um eine Brasilianerin handelte), und außerdem möge ich es in Zeiten von meToo gefälligst unterlassen, als Mann einer Frau Vorwürfe zu machen. Das sei im besten Fall nicht mehr zeitgemäß und ich würde bei diesem Verhalten Gefahr laufen, aus der Facebook-Gruppe ausgeschlossen zu werden. Wie gesagt: Corona-Lockdowns, Menschen, Klescher. Oder so.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich werde aufhören, über AirBnB zu vermieten und meine Wohnung einfach verkaufen. Das wollte ich ohnehin schon seit längerem tun. Das Geld kann ich (habe ich schon erwähnt, dass ich arm wie eine Kirchenmaus bin?) gut brauchen, es wird mir die Existenz der kommenden Jahre als freier Journalist erleichtern. Und Ihnen, sollten Sie über AirBnB vermieten, kann ich nur zur Vorsicht raten. Ich habe die persönliche Erfahrung gemacht: Das ist kein besonders angenehm agierendes Unternehmen. Keine Einsicht, kein Entgegenkommen, gar nichts – und sie bauen wohl darauf, dass du aus Österreich nichts gegen ein Unternehmen mit Sitz im fernen Irland unternimmst, weil´s die Mühe und Kosten nicht wert ist, womit sie nicht nur Recht haben, sondern offensichtlich auch ganz gut fahren. Ich möchte mit denen jedenfalls lieber nichts mehr zu tun haben und will niemandem empfehlen, mit ihnen zu kooperieren.
Wer außerdem einmal als Gastgeber schon mit der Support-KI von AirBnB zu tun hatte, der weiß ohnehin: Außerirdisch, aber nicht so richtig im guten Sinn. Die KI hat offensichtlich sowohl Kafka wie auch einen Leitfaden zur Verhöhnung der AirBnB-Hosts und ihrer Anliegen gelesen. Ihr Agieren ist so schrullig und kafkaesk, dass die Sache beinahe schon wieder etwas hat. +++