Die EU-Wahl ist geschlagen und zurück bleiben – zumindest nach außen – sieben zufriedene Parteien. Die beiden Regierungsparteien erhielten zusammen nur noch 35,6 Prozent, verloren mehr als jeden vierten Wähler, aber irgendwann lag man in den Umfragen noch weiter hinten, also habe man jeden Grund zufrieden zu sein, beteuern alle Verlierer mit vorgerecktem Kinn. Die Gewinner, denen man noch höhere Gewinne vorhergesagt hat, versichern hingegen, es habe sich bloß um Umfragen gehandelt und die seien ja bekanntlich ohne echte Aussagekraft.
Der Bundeskanzler sieht sich nun für die Nationalratswahl als einzigen Herausforderer des Chefs der zweitstärksten Oppositionspartei. Besser kann es doch kaum laufen. Allerdings reklamiert sich der Chef der stärksten Oppositionspartei hinein in einen Dreikampf – immerhin hat er deutlich weniger stark verloren. Wer wie viele Mandatare ins EU-Parlament schickt, interessiert ohnehin nur noch Lena Schilling, der Rest wollte sich bloß in die gewünschte Position bringen für die Nationalratswahl im Herbst.
Doch so einfach umzulegen sind die Ergebnisse vom vergangenen Sonntag nicht. Nicht nur, weil man ein völlig anderes Parlament und andere Spitzenkandidaten wählt. Zum einen werden nicht dieselben Parteien kandidieren. Die 2,7 Prozent der Corona-Gegner DNA werden wieder am Markt sein und wohl zwischen FPÖ und Nichtwählern aufgeteilt werden. Dafür kommt die Bierpartei dazu, die sich jeweils einen kräftigen Schluck bei SPÖ und Grünen, vielleicht auch den Schaum obenauf bei den NEOS holen wird.
Vor allem aber kann bei der Nationalratswahl eine andere Wahlbeteiligung erwartet werden. Für die EU-Wahl traten nur 56 Prozent der Bevölkerung den Weg ins Wahllokal an, bei der vergangenen Nationalratswahl waren es mehr als 75 Prozent. Die Wahl am 29. September wird daher jene Partei gewinnen können, die am besten jene 20 Prozent ansprechen kann, die am Sonntag zuhause geblieben sind, aber für den Nationalrat doch wählen gehen. Man darf annehmen, dass es sich nicht mehrheitlich um Politik-Aficionados und Dauer-Seher der ZiB2 handelt, sondern eher um Menschen, die man am besten mit kurzen, einfachen Botschaften erreichen kann.
Die EU-Wahl brachte zwei wirkliche Gewinner: Die FPÖ als Rufer gegen den „EU-Wahnsinn“ und NEOS als Befürworter der „Vereinigten Staaten von Europa“, also die beiden Parteien mit der klarsten Botschaft in Sachen Union. „Ja, aber…“ und „grundsätzlich vielleicht doch, wenn …“ haben es da deutlich schwerer.
Nimmt man das alles zusammen, lässt sich für die Nationalratswahl leicht erkennen: Alle Unterschiede zur EU-Wahl sprechen zugunsten der FPÖ und die meisten gegen die SPÖ. Da kann man nur Hans Peter Doskozils süffisantem Satz zustimmen: „Ich sag’ in diesem Sinne alles Gute für die Nationalratswahl.“ +++