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Leerstandsabgabe – ein politischer Irrläufer

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Die Bundesregierung hat in ihr Belebungspaket für die Bauwirtschaft eine Maßnahme hineingeschmuggelt, die der politischen Zielsetzung eher entgegensteht: Die Bundesländer sollen künftig leichter sogenannte Leerstandsabgaben einheben können, also eine Art Strafzahlung für das Nichtnutzen einer Wohnung. Sollten tatsächlich, was ja angeblich die politische Absicht ist, viele Wohnungen damit wieder auf den Markt kommen und dadurch die Mieten sinken, verringert sich für alle anderen das Motiv neu zu bauen.

Das stellt aber nicht das einzige Problem dieser Maßnahme dar. Zuallererst ist es ein fundamentaler Eingriff in das Grundrecht des Eigentums. Eine bestimmte Nutzung – oder eben Nichtnutzung des eigenen Eigentums – fortlaufend zu sanktionieren, um politisch erwünschtes Verhalten zu erzwingen, bildet einen schweren Eingriff in die Freiheit des Einzelnen. Für die praktikable Umsetzung braucht es den nächsten Eingriff in die Privatsphäre, denn dann muss die Gemeinde auf Strom- und Wasserverbrauchsdaten zugreifen, um festzustellen, welche Wohnungen tatsächlich leer stehen.

Es wird auch kein Thema für vernachlässigbare Einzelfälle sein: Statistik Austria erfasste 2021 insgesamt 651.000 Wohnungen ohne Wohnsitzmeldung im Land; das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen spricht gar von einer Million Wohnungen ohne Hauptwohnsitzmeldung.

Man könnte sich politisch auch fragen, was hunderttausende Wohnungsbesitzer dazu bewegt, die Wohnung lieber bei laufenden Betriebskosten leer stehen zu lassen als sie zu vermieten und damit Einnahmen zu erzielen. Warum handeln Hunderttausende in diesem Land offensichtlich unökonomisch? Die Gründe liegen wohl im Mietrecht, das bei den potentiellen Vermietern vor allem zwei Ängste erzeugt: Ungewollte Mieter nicht mehr rauszubekommen oder von Mietern, die die Substanz der Wohnung schädigen, keinen Ersatz für den Schaden zu bekommen.

Eine Lösung für diese beiden Fragen würde vermutlich wesentlich mehr leerstehende Wohnungen zurück auf den Markt bringen als jede Form von Strafzahlungen. Leicht durchzusetzende Kündigungsmöglichkeiten bei Eigenbedarf, Mietrückständen und Substanzschädigungen sowie höhere Mietkautionen oder ein staatlicher Ausfallschutz bei Uneinbringlichkeit könnten Lösungsansätze bilden.

Das politische Verhalten ähnelt jenem am Arbeitsmarkt: Durch lauter – letztlich gut gemeinte – Schutzmaßnahmen schadet man letztlich eher den Geschützten, weil beispielsweise die Behinderten durch überbordenden Kündigungsschutz kaum Jobs bekommen, oder eben die Mietpreise deutlich höher sind als sie bei annähernd voller Nutzung des Wohnungsbestands wären.

Es könnte aber ebenso sein, dass der Begriff „Leerstandsabgabe“ breit missverstanden wird: Vielleicht sollen nur künftig Wohnungsbesitzer mit ihren Abgaben einspringen, wenn das Landesbudget einen Leerstand anzeigt. +++