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Grüne Energiepolitik wirkt

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Wenn man aus Österreich zwecks Orientierung in einen Nachbarstaat blicken will, landet man fast immer in Deutschland. In Sachen Energiewende besitzen die Deutschen tatsächlich einige Jahre Vorsprung und so lohnt dieser Blick auch, wenn man bereit ist, von den Erfahrungen zu lernen. Der deutsche Ausbau von Wind- und Photovoltaik-Anlagen liegt deutlich über dem heimischen Niveau und die letzten Atomkraftwerke wurden auch vor kurzem vom Netz genommen. Sprich, die Auswirkungen sind beim Nachbarn bereits deutlicher sichtbar.

„Sonne und Wind schicken uns keine Rechnung“, sagt Energieministerin Leonore Gewessler gerne. Diese Weisheit gilt in Deutschland wohl ebenso und dennoch sind die Strompreise dort so stark gestiegen, dass viele Unternehmen nicht mehr in Deutschland investieren und bereits eine Debatte über drohende De-Industrialisierung eingesetzt hat. Ausgerechnet in Deutschland, das wie kein anderes europäisches Land wettbewerbsfähige Industrie symbolisiert.

Dabei glühen nun nach dem Abschalten der letzten Atomreaktoren die deutschen Kohlekraftwerke geradezu, um in der Nacht oder bei schwachem Wind noch ausreichend Strom zu produzieren. Doppelstrukturen bedeuten aber besonders hohe Kosten.

Ein besonders schönes Beispiel aus dem Vorjahr: Am 2. Juli hat Frankreich zwölf Gigawattstunden Strom nach Deutschland geliefert. Überwiegend in der Nacht, wenn die deutschen Solarzellen nichts hergeben. Und dafür knapp 100.000 Euro bekommen. Im Gegenzug hat Deutschland tagsüber rund 24 Gigawattstunden nach Frankreich exportiert. Und dafür etwas mehr als 3,5 Mio. Euro nein, nicht bekommen, sondern bezahlt, denn es wurde zu viel Ökostrom produziert. Sonne und Wind haben also doch eine Rechnung geschickt.

Dennoch wird dies alles – samt französischem Atomstrom – nicht reichen, weshalb der grüne Energieminister Robert Habeck für die nächsten sieben Jahre den Bau von 40 bis 50 neuen Gaskraftwerken angekündigt hat. Kosten: Noch einmal 60 Mrd. Euro, aber anders ist die Energiewende nicht zu schaffen. Maximal sieben Jahre für Gaskraftwerke, die oft noch nicht einmal geplant und schon gar nicht genehmigt sind, aber spätestens 2030 das Stromnetz erhalten sollen, wenn Sonne und Wind nicht ausreichend Lust darauf haben.

Diese Erkenntnis kommt also reichlich spät. Ein kleines Beispiel aus Niederbayern illustriert das wunderbar. Nur wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt wollte ein spanisches Unternehmen ein Rechenzentrum erreichten. 250 neue, zum größten Teil sehr gut bezahlte Arbeitsplätze. Leider konnten aber die bayerischen Energieversorger die Stromlieferung nicht garantieren. Der Bürgermeister von Burgkirchen ganz offen: „Die spanische Firma kann nicht kommen, weil wir keinen Strom haben. Und das mitten im bayerischen Chemiedreieck, dem großen Hightech-Standort.“ Obwohl in unmittelbarer Nähe eines der größten Umspannwerke Bayerns steht.

Dasselbe Problem hatte sich erst vor kurzem bei einer ebenfalls ansiedlungswilligen Schweizer Firma ergeben, die darauf spezialisiert ist, Großspeicheranlagen neben Umspannwerken zu errichten, um überschüssige Energien zu speichern. Aber nachdem sie erfuhren, dass im Umspannwerk überhaupt keine überschüssigen Strommengen für eine Speicherung anfallen, zogen auch sie sich zurück.

Das Wall Street Journal fasste die deutsche Energiewende mit besonders hohen Preisen bei gleichzeitigen Versorgungsschwierigkeiten prägnant in einer Headline zusammen: „Die dümmste Energiepolitik der Welt“. Weniger drastisch formuliert könnte man sagen: Grüne Energiepolitik wirkt. Nun auch in Österreich. +++