Vergessen wir einmal den gebotenen Ernst in der Vorweihnachtszeit, das Leben ist aktuell ohnehin traurig genug: Die Inflation in Österreich zählt nach wie vor zu den höchsten in der EU und die Regierung sieht sich immer noch außerstande, etwas Sinnvolles dagegen zu unternehmen. Österreich hat in der jüngsten Pisa-Studie zwar nicht katastrophal, aber dennoch nur durchschnittlich abgeschnitten – worin der Bildungsminister einen Grund sieht, die heimische Bildungspolitik abzufeiern. Und obwohl für alle – bloß für die verantwortlichen Gesundheitsexperten offensichtlich nicht – absehbar war, dass die nächste Corona-Welle spätestens im Herbst rollen wird, haben es Gesundheitsministerium, Apotheken und wohl auch Ärztekammer über den langen Sommer nicht geschafft, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass das einzige wirksame Medikament, Paxlovid, in ausreichender Menge vorhanden ist. Jetzt schiebt man sich gegenseitig die Schuld zu. Und so weiter. Da soll man als Staatsbürger nicht Trübsal blasen?
Aus dieser grau-traurigen, der Jahreszeit angepassten Melange an gesellschaftspolitischer Unfähigkeit sticht nun das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) angenehm heraus. Nicht etwa durch besonders sinnvolle Maßnahmen zur Entschärfung von Verkehrsproblemen, das wollen wir von den oft etwas schrullig wirkenden KfV´lern gar nicht erwarten – sondern durch: Humor. Unfreiwilligen vermutlich zwar, aber soll sein. Witzig ist witzig: Das KfV hat tatsächlich erforscht, wie viele Menschen nach Weihnachtsfeiern einen Unfall bauen, indem sie sich auf einen Frontalcrash mit einem Baum einlassen. Ja, richtig gelesen. Versuchen sie bitte, nicht zu lachen. Die Sache scheint dramatisch zu sein: 713 Unfälle pro Jahr im Schnitt, 35 Tote, 218 Schwerverletzte und 632 Leichtverletzte – das ist die Bilanz von Frontalzusammenstößen mit Bäumen nach Weihnachtsfeiern. Was genau uns das KfV damit sagen will, scheint unklar. Denn man lässt im Aussendungstext offen, ob die korrekte Schlussfolgerung nun lauten soll, weniger zu trinken oder den Wagen nach der Weihnachtsfeier doch lieber einfach ins nächstbeste Buschwerk zu steuern, weil das weniger Widerstand bietet. Was fehlt, aber aus wissenschaftlicher Sicht nicht uninteressant wäre, ist außerdem die Information, welche Bäume von den weihnachtlich Besoffenen bevorzugt angesteuert werden. Vielleicht würde es ja Sinn machen, im Fall des Falles eher in eine Lärche statt in eine Eiche zu … Man weiß es aber nicht, das KfV schweigt da eisern – obwohl eine Empfehlung womöglich Leben retten könnte.
Aber das hier ist ja ein Wirtschaftsblog: Man könnte also nun – das KfV schwächelt auch in dieser Hinsicht leider ein wenig – ausrechnen, wie sich diese Unfälle volkswirtschaftlich auswirken. Was kostet ein toter Mensch die Volkswirtschaft und wie wirkt sich ein frei gewordener Arbeitsplatz auf den Arbeitsmarkt aus, nur zum Beispiel? Oder: Wiegt das wirtschaftlich stimulierende Momentum des Alkoholkonsums den womöglich entstandenen Flurschaden auf? Wie viele Arbeitsplätze hängen an den kollektiven Weihnachtsfeier-Besäufnissen? Und so weiter. Der KfV-Verkehrssicherheitchef Klaus Robatsch hat dem Aussendungstext sicherheitshalber auch ein sehr anschauliches Video eines Crashs beigelegt und schließt seine Aussendung mit einem Eigenzitat: Bitte denken Sie daran, bevor Sie sich nach der Weihnachtsfeier ans Steuer setzen, sagt er.
Das lässt tief blicken, denn von alkoholisiert ist da gar nicht mehr die Rede. “Wenn Sie sich ans Steuer setzen”, sagt Robatsch und schließt also die Nüchternen mit ein. So ist das – das KfV hätte offensichtlich am liebsten, dass die Menschen gar nicht mehr Auto fahren. Wie viele Arbeitsplätze das wohl die Volkswirtschaft kosten würde? Einschließlich die Jobs jener Menschen, die im KfV arbeiten, Robatsch inklusive. Nun ja, wie auch immer: Genießen Sie Ihre Weihnachtsfeier. Und wenn Sie, eh schon wissen: Nehmen Sie bitte ein Taxi nach Hause. Und sagen Sie dem Fahrer, er soll Alleen, Straßen an Parks und so weiter meiden. Denn könnte leicht sein und der nächste Baum wartet schon auf Sie … +++