Über die von Christian Pilnacek erhobenen und von einem Bekannten mitgeschnittenen Anschuldigungen gegen Wolfgang Sobotka kann sich jeder Wähler und jede Wählerin selbst ein Urteil bilden.
Jedenfalls war der Erste Nationalratspräsident schon vorher der unbeliebteste Politiker Österreichs (Quelle: APA-Vertrauensindex). Viel Luft nach unten ist da ohnehin nicht mehr. Schwieriger wird es vermutlich für die von der Justizministerin geplante Untersuchungskommission und allenfalls die Gerichte werden, über die Beschuldigungen eines Toten zu befinden.
Drei Konsequenzen sollte die Veröffentlichung dieses Mitschnittes aber jedenfalls haben: Erstens ist es hoch an der Zeit, endlich eine Generalstaatsanwaltschaft einzurichten. Österreich zählt zu den letzten Staaten in Europa ohne eine solche Institution und schon der bloße Verdacht, der Innenminister und spätere Nationalratspräsident interveniere in Strafsachen gegen die eigene Partei, sollte Grund genug sein, endlich die Justiz-Weisungskette nicht mehr im Ministerium enden zu lassen. Die Diskussion, ob der Bundesstaatsanwalt von einer einzelnen Person oder von einem Dreier-Senat gebildet wird, sollte die Entscheidung nicht mehr weiter verzögern. Am besten wäre es wohl, die vier Oberstaatsanwaltschaften des Landes nominierten selbst die geeigneten Personen und nicht die Politik.
Zweitens sollte die Möglichkeit geschaffen werden, die drei Nationalratspräsidenten auch abwählen zu können. Das Nominierungsrecht der drei stärksten Parteien kann ja ohne weiteres bestehen bleiben und die ÖVP wird unter ihren Abgeordneten wohl Persönlichkeiten haben, die nicht im Verdacht stehen, unlauter gehandelt zu haben. Immerhin war die ÖVP ebenfalls nicht glücklich, als FPÖ-Politiker Wilhelm Brauneder zum Dritten Präsidenten gewählt wurde und dann bekannt wurde, dass er als Dekan den Auftritt eines Rechtsextremen an der Uni Wien genehmigt hatte.
Und drittens sollte in Wolfgang Sobotka rasch die Erkenntnis reifen, dass er nicht den Vorsitz bei den kommenden zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen übernehmen sollte. Ein Vorsitzender sollte den Ausschuss möglichst unbefangen und unparteilich leiten und Wolfgang Sobotka steht in der Öffentlichkeit kaum für diese Werte.
Es könnte aber auch sein, dass in der ÖVP diesbezüglich der sarkastische Humor die Oberhand gewonnen hat, denn alleine einen U-Ausschuss zum Thema „Rot-Blauer-Sumpf“ einzusetzen, obwohl beide Parteien nicht miteinander, sondern nur als Koalitionspartner der ÖVP regiert haben, zeugt nicht unbedingt von rationalen Ansätzen. Vielleicht soll aber auch bloß das Instrument „Parlamentarischer Untersuchungsausschuss“ in den Augen der Wähler weiter diskreditiert werden. Dann ist Wolfgang Sobotka doch der richtige Mann für diese Aufgabe. +++