Start Siegls Senf Neue Parteien braucht das Land?

Neue Parteien braucht das Land?

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In Deutschland mischt Sarah Wagenknecht mit ihrer frisch angekündigten Partei gerade die Umfragen auf. 14 Prozent werden der Linken-Dissidentin auf Anhieb zugetraut – das wäre Platz 4 mit nur einem Prozentpunkt Abstand zur Kanzlerpartei SPD. Wagenknecht steht für eine Ausrichtung wie Hans Peter Doskozil: Sozialpolitisch weit links, in der Migrationsfrage aber hart und ablehnend. Damit nimmt sie bisher der AfD mehr Stimmen weg als den anderen Linksparteien. In Österreich hat sich die SPÖ diesem Kurs verweigert und wird vermutlich bei den nächsten Nationalratswahlen den Preis dafür zahlen. Zugunsten von Herbert Kickl.

Wagenknechts Einstieg zeigt aber auch, wie labil derzeit die Wählerverteilung ist, wie gering bei vielen die Bindung an die bisher gewählte Partei geworden ist. In Deutschland wie in Österreich. „Unfassbar viel Bewegung, die neue Kräfte nutzen könnten“, ortet Meinungsforscher Peter Hajek. Dreieinhalb neue Kräfte könnten deshalb in elf Monaten am Wahlzettel zum Nationalrat stehen.

Da wäre einmal Otmar Karas mit einer Liste OK. Ein Politiker aus dem vorigen Jahrhundert: Anständig, werteorientiert, prinzipientreu bis zum Ermüdungsbruch. Und langweilig wie Kamillentee, was aber der amtierende Bundeskanzler auch drauf hat, wenn er nicht gerade beim Weintrinken in geselliger Runde gefilmt wird. “Ich habe mir nie vorstellen können, je eine Rede wie diese halten zu müssen”, sagte Karas bei seinem Ausstieg aus der ÖVP-Fraktion des EU-Parlaments und hielt dann die Rede, die er nie halten wollte. „Ich bleibe ein Kämpfer“, richtete er seiner Partei aus, und das klang gar nicht wie der Ausstieg in die Polit-Pension.

Dann wären da Doch-nicht-Bundespräsident Dominik Wlazny und seine Bierpartei. In Wien haben sie bereits Fuß gefasst; bei einer Landtagswahl werden ihnen derzeit 12 Prozent zugetraut. Abseits der Hauptstadt wird es aber schwierig sein, die 8,3 Prozent von der Bundespräsidentenwahl zu wiederholen.

Mit einem ähnlichen Programm wie Sarah Wagenknecht erreichten Gerhard Köfer und sein Team Kärnten bei der Landtagswahl im März mehr als 10 Prozent. Angeblich wird überlegt, es gemeinsam mit der Tiroler Liste Fritz auch auf Bundesebene zu versuchen, aber die bundesweite Bekanntheit von Andrea Haselwanter-Schneider (Vorsitzende Liste Fritz) oder Siegfried Huber (Stellvertretender Vorsitzender Team Kärnten) ist doch überschaubar.

Und dann steht vermutlich noch die KPÖ Plus zur Wahl. Als Gründungspartei der Zweiten Republik nicht wirklich neu, aber plötzlich mit Chancen auf einen Wiedereinzug in den Nationalrat. Eine Bürgermeisterin in Graz und fast 12 Prozent im eher konservativen Salzburg zeigten, welches Potential eine Partei mit Ausrichtung Ombudsmann in Sachen Soziales und Wohnen derzeit hat. Sogar von der FPÖ und den Neos konnten die runderneuerten Kommunisten maßgeblich Stimmen abziehen. Deutlicher konnte nicht demonstriert werden, wie schwach die Bindungen an die Parteien geworden sind und wie sehr viele Wähler einfach irgendjemand Neuen sehen wollen. +++