Natürlich, die Laudatio auf einen Anderen zu halten, ist an sich noch keine große Heldentat.
Also mag man sich fragen, warum ausgerechnet Daniel Kehlmann, jener deutsch-österreichische Autor, der mit seinem Buch “Die Vermessung der Welt” bekannt wurde, den Titel “Weekly Hero” nun von der [such*stuff] Redaktion verliehen bekommt.
Nun, einerseits hielt Kehlmann seine Laudatio auf der Frankfurter Buchmesse soeben nicht auf irgendwen, sondern auf einen wirklich ganz Großen der Weltliteratur: auf den Schriftsteller Salman Rushdie. Da mag man wohl durchaus ein wenig nervös ans Rednerpult treten, weil man weiß: Die Welt hört und sieht zu, jedes noch so schmale Wort, jedes noch so halblaute Räuspern, wird womöglich auf der Goldwaage gewogen und hinterfragt. Man muss sich also, auch wenn man selbst eine kleine Berühmtheit ist, erst einmal trauen. Und andererseits erhielt Rushdie, das war der Anlass für die Laudatio, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für sein Auftreten gegen Rede- und Schreibverbote, gegen internationale Dummheit und rechte Borniertheit. Das verdient erst recht Lob.
„Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen“, sagte der 76-Jährige in seiner Dankesrede. Von fast allen Seiten würde die Meinungsfreiheit von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen, so der britisch-indische Autor. Eine Frontalattacke gegen die reaktionären Mullahs, die ihn vor Jahrzehnten wegen seines Buches “Die satanischen Verse” auf eine Todesliste setzen hatten lassen und auch geschwiegen hatten, als ein verblendeter Terrorist Rushdie vor einigen Jahren tatsächlich bei einem Attentat schwer verletzt hatte. Doch Rushdie wurde nie still, auch jetzt wieder nicht. Wer auf so einen standhaften Widerstandskämpfer eine Laudatio hält, der stellt sich auf seine Seite, der platziert sich ebenfalls im Fadenkreuz des muslimischen Gesindels, das glaubt, die Welt aus dümmlichen religiösen Motiven mit idiotischem Terror überziehen zu müssen.
Dafür, dass Daniel Kehlmann sich das heute getraut und damit eine starke Position für die Meinungsfreiheit und Demokratie bezogen hat, bekommt er den Titel “Weekly Hero” der Redaktion. Gut gemacht! +++