Start Siegls Senf Warum das Autoland Österreich bald Geschichte sein wird

Warum das Autoland Österreich bald Geschichte sein wird

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Österreich sei „das Autoland schlechthin“, lautete einer der wichtigsten Inhalte von Kanzler Nehammers Zukunftsrede im Frühjahr. Vor allem, weil er damit das Veto gegen das künftige Verbot des Verbrennungsmotors begründete. Abgesehen von der statistischen Tatsache, dass in Ländern wie der Slowakei, Tschechien oder auch Deutschland der Anteil der Beschäftigten in der Autoindustrie höher liegt – der Kanzler irrt vor allem in der Beurteilung, dass das so bleiben werde.

Der größere Teil der rund 70.000 Beschäftigten wird sich wohl in den nächsten zehn Jahren einen neuen Job suchen müssen, denn Österreichs Fahrzeugindustrie hat wenig Zukunft. Dazu ist ein Blick auf die Straßen des Jahres 2035 oder, falls ich mich irre, 2040 notwendig.

Irgendwann in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren wird das autonome Fahren so ausgereift sein, dass die selbststeuernden Fahrzeuge keine oder fast keine Unfälle mehr produzieren. Sie können dann in langen Kolonnen mit der gleichen Geschwindigkeit staufrei unterwegs sein, brauchen Verkehrsampeln nur mehr, um Fußgängern die Straßenüberquerung zu ermöglichen, und die Insassen können sich sinnvolleren Dingen widmen als dem Steuern des Autos samt dazugehörigem Fluchen auf die Idioten, die diese Tätigkeit gerade erschweren. Das Sicherheitsargument der Verhinderung von Unfalltoten wird die Politik schnell zwingen, das eigene Steuern von Autos auf Rennstrecken und andere abgetrennte Areale zu beschränken. Ungefähr wie es das Reiten auf einem Pferd derzeit ist.

Damit wird der Privatbesitz von Autos ein Privileg von Reichen sein, denn bekannterweise steht derzeit ein Auto im Durchschnitt 95% seiner Zeit ungenützt am Parkplatz, verstellt den Platz für Begrünung oder neue Häuser und verursacht sinnlose Kosten. Der Rest der Menschen wird sich also, um von A nach B zu kommen, mit dem Mobiltelefon ein Taxi buchen, das je nach Preis exklusiv für diese Fahrt oder als Sammeltaxi, bei dem die KI die Route optimiert, bestellt wird. Das Sammeltaxi wird dabei noch immer die Transportleistung schneller und, die Abschreibung für das eigene Auto miteingerechnet, kostengünstiger erbringen als das heutige Fahren im täglichen Stau.

Die Taxianbieter werden dann Uber, Waymo oder Lyft heißen, aber nicht Volkswagen, BMW oder Mercedes. „Freude am Fahren“, wie derzeit die Positionierung von BMW lautet, wird es dann nicht mehr geben und der „Vorsprung durch Technik“, so der Claim von Audi, sitzt nicht mehr in Deutschland. Elektromotoren und die Blechhaube mit vier Rädern wird jede Region der Welt bauen können, nur mehr die Software wird entscheiden.

Es wird auch kaum mehr individuelle Kaufentscheidungen für ein Auto geben, sondern Uber oder die Google-Tochter Waymo werden Ausschreibungen über ein paar Millionen Stück für ein Taxi einer bestimmten Konfigurierung hinaussenden und Auto-Produzenten von den USA bis China werden ihre Angebote abgeben. Jene Firma mit dem besten Preis wird den Zuschlag erhalten und sie wird in den seltensten Fällen in Deutschland sitzen.

Dummerweise gehen aber derzeit mehr als 70 Prozent der in Österreich hergestellten Fahrzeugteile an die deutsche Autoindustrie. Disruption nennt man in der Wirtschaft das, was mit der heimischen Fahrzeugindustrie passieren wird. Derzeit fürchtet man sich vor dem Elektromotor, der die heimische Kompetenz im Verbrennungsmotorenbau überflüssig macht, aber die wahre Gefahr lauert dahinter und sie wird existenzgefährdend für den sechstgrößten Wirtschaftssektor Österreichs sein. Aber Bundeskanzler Karl Nehammer wird dann ebenso Geschichte sein wie das „Autoland schlechthin“. +++