Die heimische Inflationsrate stieg im August wieder auf 7,4 Prozent an. Höher liegt sie innerhalb der Eurozone nur mehr in Kroatien und der Slowakei, beide nicht unbedingt wirtschaftspolitische Musterländer. Dabei sind die drastischen Effekte durch den russischen Angriffskrieg bereits längst in der statistischen Basis berücksichtigt, da dieser mehr als 18 Monate dauert. In Österreich galoppiert die Inflation also bereits von alleine, weitgehend ohne Einwirkung von außen. Normalerweise passiert so etwas nur in Phasen der wirtschaftlichen Überhitzung.
Gleichzeitig sank aber im zweiten Quartal die Wirtschaftsleistung um 1,1 Prozent und Wifo-Chef Felbermayr befürchtet ähnliches auch für das dritte Quartal. Damit ist das eingetreten, wovor hier vor fast einem Jahr (hier nachzulesen) gewarnt wurde: Die Stagflation ist da – wirtschaftliche Stagnation bei gleichzeitiger Inflation. Sie stellt eines der unerfreulichsten wirtschaftspolitischen Probleme dar: Bekämpft man die Teuerung, drückt man die Wirtschaftsleistung noch weiter nach unten. Pumpt man Geld in die Wirtschaft, befeuert man die Inflation. Und bei uns könnte aus der Stagnation bald sogar eine Rezession werden. Notstand hoch zwei also.
Aus einer Stagflation gibt es nur drei Ausgänge: Zinsen deutlich erhöhen und die Wirtschaft damit abwürgen mit anschließendem Neustart. Kann abgehakt werden, da – selbst wenn die Politik solch eine Brachialkur riskieren würde – Österreich seine Zinspolitik nicht mehr selbst bestimmt, und der Großteil der Eurozone erstens deutlich niedrigere und zweitens sinkende Inflationsraten aufweist.
Methode zwei: Strukturreformen, um das Wachstum anzukurbeln durch verbesserte Wettbewerbsfähigkeit im Ausland. Besonders sinnvoll in einer exportorientierten Wirtschaft wie der österreichischen. Also Bundesstaatsreform, Entbürokratisierung, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, wachstumsorientierte Förderpolitik etc. Ein höchst sinnvoller Weg, der aber dieser Regierung selbst dann nicht zuzutrauen wäre, wenn nicht in zwölf Monaten der Nationalrat neu gewählt würde. Immerhin wären dafür politischer Mut, innerparteiliches Durchsetzungsvermögen und langfristiges Denken notwendig. Drei Eigenschaften, die – vor allem in der ÖVP – derzeit eher nur in homöopathischen Dosen vorhanden sind.
Methode drei: Dahinwursteln, bis sich das Problem von selbst wieder löst. Das funktioniert auch irgendwann, ist aber mit Abstand die teuerste Variante. Regierungsvertreter würden jetzt empört Worte wie Mietpreisbremse, Übergewinnsteuer oder Energiepreisdeckel einwerfen. Eh nett, aber alles viel zu wenig und vor allem viel zu spät, um wirklich wirksam zu sein. Noch dazu, wenn man mit der anderen Hand Zuschüsse und Boni verteilt und damit die Inflation weiter anheizt. Dennoch ist klar abzusehen, dass Österreich mittels der „Dahinwursteln und Münzen ins Volk werfen-Methode“ aus der Krise navigiert werden soll.
Die stärksten Verlierer in der derzeitigen Situation sind Menschen mit niedrigem Einkommen, die zudem in Miete wohnen. Für sie kann diese Situation zunehmend existenzbedrohend werden. Mit der aktuellen Politik sorgt man dafür, dass diese Gruppe der Bevölkerung möglichst lange unter diesem Problem leiden muss. +++