Gut möglich, dass “Starkregen” es zum Wort des Jahres 2023 bringt, wenn demnächst die Germanisten und Innen der Grazer Karl Franzens Universität wieder ihre Wahl treffen. Vielleicht auch zum Unwort des Jahres, man wird sehen. So wie es heuer regnet und stürmt und gewittert und hagelt, scheinen die Chancen jedenfalls gut zu stehen. Erinnern wir uns: Vor wenigen Jahren kam ein Terminus wie Starkregen, der heute in aller Munde und in allen Medien ist, in unserem Sprachschatz noch gar nicht ernsthaft vor.
Aber wir haben Klimawandel und bis auf ein paar ungewöhnlich Denkende wie etwa den früheren amerikanischen Präsidenten – ja, der mit dem Meerschweinchen am Kopf – zweifelt kaum mehr jemand daran, dass dieser Klimawandel in diesem Tempo, in dieser Heftigkeit, mit dieser Zerstörungskraft hausgemacht ist, also von uns Menschen. Und wie wir Menschen in unserer Gesamtheit eben so sind, also zerstörerisch, uneinsichtig und wenig verantwortungsvoll: Wir tun so gut wie nichts dagegen. Wir fliegen weiter absurde Strecken in absurd sinnlose Urlaube, wir kaufen weiter absurd große SUV, wir werfen weiter weg und kaufen neu statt zu reparieren. Wir glauben an die Sinnhaftigkeit von Elektroautos und schieben völlig beiseite, wie katastrophal die Öko-Bilanz allein der Akku-Erzeugung ausfällt. Wir kaufen im Supermarkt Früchte, die um die halbe Welt gekarrt werden mussten. Wir wählen vermeintlich grüne aber in Wahrheit lediglich machtbesessene Politiker. Und so weiter. Wir jammern, aber wir scheren uns nichts. Jüngst erst erklärte ein rüstiger Pensionist in einem TV-Magazin, das sich mit Klimaschutz beschäftigt, er habe in seinem Leben schon so viel geleistet, er werde sich jetzt um nichts mehr kümmern sondern einfach tun, was er tun will. Mit anderen Worten: Das Klima kann mich mal, bis die Welt eine heiße Hölle ist, bin ich eh nicht mehr da, das ist nicht mein Problem.
So einer kommt sanktionslos davon. Und die, die sich für Klimaschutz einsetzen und sich auf Straßen festkleben, weil die Gesellschaften der Welt ihnen sonst nicht zuhören, die werden von Polizisten verhaftet, von Staatsanwaltschaften angeklagt, aufgestachelt von inferioren Politikern wird ihre immer härtere Bestrafung gefordert. Zum Beispiel soeben erst wieder von der ÖVP.
Ja, man kann natürlich gut darüber streiten, ob und was es dem Klima bringt, wenn sich einige Aktivisten und Aktivistinnen an Straßen oder Bilderrahmen oder woran auch immer festkleben. Man kann aber nicht darüber streiten, dass es womöglich strafrechtlich relevante Handlungen sind, wenn erboste Autofahrer sie körperlich attackieren. Diese Autofahrer gehören im Eventualfall bestraft – nicht jene, die sich gegen die Ignoranz der Gesellschaft, die ihre Zukunft versaut, nicht mehr anders als durch so verzweifelte Hilferufe wie Festkleben zu helfen wissen. Die verdienen unseren Respekt, unsere Dankbarkeit und unsere Unterstützung dafür, dass sie diesen Kampf für uns führen. Für uns, die wir dafür zu bequem, zu feig oder was auch immer sind.
Doch der Staat agiert leider genau verkehrt herum – er bestraft die, die sich für den Klimaschutz einsetzen.
Man kann sich gegen diesen Wahnsinn wehren, indem man bei der nächsten Nationalratswahl keinesfalls mehr sein Kreuzerl bei Parteien macht, die sich nicht ernsthaft für den Klimaschutz einsetzen. Denn sonst geht die Welt nach und nach zusehends und tatsächlich den Bach hinunter, weil wir, jeder und jede Einzelne von uns, zu ignorant sind, etwas dagegen zu unternehmen. Im Gegenteil, unsere Existenz wird von immer stärkeren Strömungen und immer mehr Wasser ins Nirwana geschwemmt, denn – erraten: Starkregen.
Die erste Folge des Klimawandels. +++