Die Sommerzeit eignet sich immer gut für politische Spekulationen, wie denn die nächste Nationalratswahl die politische Landschaft verändern könnte. Die drei größten Parteien müssen immerhin alle mit neuen Spitzenkandidaten antreten und keiner von diesen drei reißt breite Bevölkerungskreise zur Aussage hin: „Den möchte ich wirklich gerne als nächsten Kanzler sehen.“
Besonders beliebt sind natürlich Spekulationen über die nächste Regierungskoalition. Dabei ergibt eine Kombination aus aktuellen Meinungsumfragen, einfachster Mathematik und politischen Ausschlussgründen als nächste Regierung eigentlich nur eine einzige mögliche Variante: Blau-Schwarz. Oder höchstens im Schüssel-Haider-Modell Schwarz-Blau, wobei es keine Anzeichen dafür gibt, dass Herbert Kickl diesen Twist der FPÖ noch einmal zumuten möchte. Kanzler Nehammers Absage an diese Koalitionsform kann man nach ähnlichen VP-Absagen in Niederösterreich und Salzburg kaum mehr ernst nehmen.
Andreas Babler als Vizekanzler unter Herbert Kickl kann man wohl tatsächlich ausschließen und alles andere ginge sich nach derzeitigem Stand schon mathematisch bei weitem nicht aus. Auch die in Umfragen und bei SPÖ-Politikern beliebteste Koalitionsvariante – die „Österreich-Ampel“ aus Rot, Pink und Grün – ist weit weg von einer parlamentarischen Mehrheit. Selbst unter Einrechnung von KPÖ und Bierpartei als flotter Fünfer ergeben sich keine notwendigen 48 oder 49 Prozent Zustimmung.
Aber auch inhaltlich käme eine solche Koalition für NEOS einem politischen Konkursantrag gleich. Der stellvertretende Klubobmann, Nikolaus Scherak, reagierte auf Vermögenssteuer und Arbeitszeitverkürzung als SPÖ-Koalitionsbedingungen bereits mit: „Mit uns weder das eine noch das andere.“
In Wahrheit muss die Liste für NEOS noch viel länger sein. Die Liberalen sind im eigenen Selbstverständnis die größten Befürworter des „aggressivsten außenpolitischen Bündnisses, das es je gegeben hat “ (Zitat Andreas Babler). Ein Koalitionspartner, bei dem etwa die Hälfte der Abgeordneten den Saal verlässt, wenn der ukrainische Präsident Selenskyj zum Nationalrat spricht, ist ebenso ein undenkbarer Partner. Genauso sind Erbschafts- und Schenkungssteuer, Leerstandsabgaben oder Mietobergrenzen auch im freien Wohnungsmarkt absolut rote Tücher für eine liberale Partei. Auch die SPÖ-Wünsche nach Ausweitung der Sozialleistungen um Kinder-Grundsicherung, Gratis-Öffis und Gratis-Strom sollten liberale Alarmglocken erklingen lassen.
Andreas Babler ist ein radikaler Verfechter des sich um alles kümmernden und alles regulierenden Staates. Die Frage „Wer soll all die zusätzlichen staatlichen Ausgaben zahlen“, weist er als „unmoralisch“ zurück. Das ist das exakte Gegenteil einer liberalen Partei. Programmatisch sind SPÖ und KPÖ die Hauptgegner für NEOS und keine möglichen Koalitionspartner. Das sollten die Pinken vor der Wahl auch klar aussprechen. +++