Mitten in all dem skurrilen Chaos um die Wahl ihres neues Parteivorsitzenden kommt doch noch eine sinnvolle Presseaussendung der SPÖ – allerdings aus Brüssel: EU-Abgeordnete Evelyn Regner merkt an, dass ab heute die Forderung “gleicher Lohn für gleiche Arbeit” mit Inkrafttreten der neuen Lohntransparenzrichtlinie für alle EU-Mitgliedsstaaten bindendes Recht werde. Drei Jahre sind nun zur Anpassung Zeit, dann gilt es. Allein dieser Text ist ein schönes Beispiel dafür, was die SPÖ alles tun könnte, säßen an ihren Spitzenpositionen fähige Menschen und nicht, nun ja, man kann es beinahe nicht anders formulieren: Clowns. Womöglich rächt sich da ja sogar, dass die nach und nach aus dem Ruder gelaufene und in urbanes Schickimicki-Gehabe abgedriftete Sozialdemokratie die vergangenen Jahre damit zugebracht hat, ihre Besten nach und nach nach Brüssel zu verräumen. Damit sie die Kreise der Prosecco trinkenden Slimfit- oder sonstigen Pseudo-Linken in Österreich nicht stören können. Joe Weidenholzer etwa, früher Dekan der Linzer Universität und inzwischen auch als EU-Abgeordneter emeritiert, oder Evelyn Regner, fähige Juristin, moderne Gewerkschafterin und inzwischen sogar angesehne Vizepräsidentin des EU-Parlaments – das sind zukunftstaugliche, kompetente Sozialdemokraten. Mit denen wollen die alten und möglicherweise neuen Löwelstraßen-Regenten in Österreich aber dem Anschein nach am liebsten möglichst wenig zu tun haben.
Dabei gäbe es für eine sozialdemokratische Partei, nachdem sie sich aus alten, postmarxistischen Denkmustern in eine moderne, linksliberale, menschen- und ökonomiefreundliche Partei transformiert hat, in den neuen Arbeit- und Wirtschaftswelten viel zu tun – und viele junge und zukunftsträchtige Stimmen abzuräumen. Aber die SPÖ ist eben keine moderne, linksliberale, menschen- und ökonomiefreundliche Partei. Mehr schon ein chaotischer Haufen orientierungsloser Apparatschiks, oberflächlicher Karrieristen oder sentimentaler Altromantiker ohne Awareness für alles, was sich in den vergangenen zwei oder drei Jahrzehnten geändert hat.
Die Zahl der – zumeist gewollt – Einpersonenunternehmen tendiert nach und nach in Richtung Million. Sie sind die neuen Unterprivilegierten, quasi die Ausgebeuteten von heute: miserable Sozialversicherung, kaum Absicherung gegen Armut, teils selbst aufoktroyierte, weil von außen aufgezwungene schlechte Arbeitsbedingungen, steuerliche Benachteiligungen, keine ernsthafte Vertretung. Und so weiter. Das wären Biotope, in denen eine moderne SPÖ, die sich der neuen Arbeits- und Wirtschaftswelten annimmt, reüssieren könnte. Nur zum Beispiel. Natürlich wäre echtes Engagement für finanzielle Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf ein Thema für echtes Handeln abseits dümmlicher Quotenregelungen und halblustiger Lippenbekenntnisse. Eine Neuaufstellung der veralteten Gewerbeordnung und damit auch gleich eine Neustrukturierung noch noch viel mehr veralteten Wirtschaftskammer. Ein Eiffizienzturbo für das lächerlich ineffiziente AMS mit all seinen wenig enthusiastischen, beamtenhaft agierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein komplett neues, an die moderne Zeit angepasstes Arbeitsrecht. Ein komplett neues, an die moderne Zeit angepasste Finanzrecht. Wirtschaftsthemen gäbe es ohne Ende, derer sich die SPÖ annehmen könnte. Könnte sie es.
Aber sie kann es eben nicht. Wie denn auch, die Genossinnen und Genossen in der Löwelstraße haben ja offensichtlich schon mit der einfachen Addition von zwei dreistelligen Zahlen ihre Probleme. Das Kalkulationsprogramm Excel, mit dem heutzutage jeder Bürolehrling umzugehen gelernt hat, ist allem Anschein nach ein spanisches Dorf für Grubesa und Co. Deren Freund Max Lercher ist ein der Steiermark entsprungener Querdenker light ohne nennenswerte Voraussetzungen zum Querdenken. Doskozil ein gehobener Landpolizist aus der Provinz. Und Babler? Nun ja, Babler ist, er sagt das ja selbst, ein Marxist aus einer anderen Zeit. Das mag alles aus sozialromantischer Sicht tadellos tönen und vielleicht sogar ein ganz klein wenig charmant oder sogar heldenhaft daher kommen. Aber zukunftstauglich ist das nicht. Babler traut sich was, keine Frage, das ist ehrenhaft. Aber eine schwungvolle Rede im Dialekt vor ausnahmslos Mitgliedern der eigenen Blase zu halten ist zu wenig, um ein Land regieren zu können. Maschinenschlosser-Romantik aus alten Tagen holt vielleicht das eine oder andere jung gebliebene Arbeiterkind von früher hinter dem Ofen hervor. Aber sonst kaum jemanden.
Der Schluss aus der roten Tragödie der vergangenen Tage und Woche liegt nahe: Doskozil kann es nicht. Babler kann es auch nicht. Grubesa erst recht nicht, sie und ihr Team können nicht einmal ordentlich zusammenzählen. Was Lercher kann, weiß man eigentlich nicht genau. Die SPÖ als Partei kann jedenfalls gar nichts mehr. Die SPÖ befindet sich auf dem Weg ins totale Nichts. Das ist, was die Sozialdemokratie betrifft, schlecht für Österreich. Aber was diese konkrete SPÖ in ihrem aktuellen Zustand betrifft, ist das Auszählungschaos ziemlich sicher ein Glücksfall für Österreich. Man stelle sich nur vor, was mit unserem Land geschähe, kämen Babler, Lercher, Grubesa und Co. mit all der Absenz essenzieller Fähigkeiten tatsächlich einmal ans Regieren. +++