Liebe Salzburger und Innen, ich glaube, ich kann euch beruhigen.
Einige meiner Freunde aus der Gegend um Mondsee, das ja eurem Bundesland durchaus nahe liegt, haben mir in den vergangenen Wochen ihre ernsten Bedenken zum Ausdruck gebracht, weil elf Prozent. Die Kommunisten! Bei der Landtagswahl!! Um Gottes Willen!!!
Doch wie gesagt, bleibt ruhig. Das bedeutet nicht, dass euch die Rote Armee demnächst überrennen wird. (Einmal ganz abgesehen davon, dass sich die Rote Armee inzwischen Gott sei Dank mit dem Überrennen dem Anschein nach eh ein bissl schwer zu tun scheint, wie sich gerade in der Ukraine zeigt.) Denn ich, ich komme aus Graz. Dort haben wir seit einiger Zeit, und jetzt müsst ihr ganz stark sein und am besten tief durchschnaufen: eine kommunistische Bürgermeisterin. Ehrlich.
Und was soll ich sagen: Graz steht noch. Mehr als das, ich kann euch in Sachen Kommunismus aus erster Hand berichten: Es ist eigentlich seit dem Amtsantritt von Elke Kahr nichts Schlimmes passiert. Die schlimmen Dinge, die in Graz passiert sind, stammen alle noch aus der Amtsperiode ihres Vorgängers. Der war nicht von der KPÖ, sondern von der ÖVP. Das enorme Budgetdefizit? Hat Siegfried Nagl zu verantworten. Die unsoziale und herzlose Schandfleck-Politik gegenüber den Schwachen in der Stadtbevölkerung? Geht auf Siegfried Nagls Konto. Der völlig idiotische Bauboom von miserablen Wohnungen im Schuhschachteldesign, den Ghettos von morgen? Siegfried Nagl. Verkehrsinfarkt trotz gnadenlosen Ausbaus von Straßen? Nagl. Wie gesagt, ein ÖVP-Bürgermeister.
Eigentlich, um genau zu sein, sind in Graz seit dem Amtsantritt der Kommunistin Kahr nur gute Dinge passiert: Der öffentliche Verkehr wurde und wird ausgebaut und gestärkt. Nicht mehr jeder windige Baulöwe darf nach Herzenslust zubetonieren, wo und wie immer er mag. Das Radnetz wird erweitert. Die Schanigärten gewinnen an Raum. Die Mietpreise werden amtlich gebremst. Und so weiter. Man hat den Eindruck, die ganze Stadt ist in den vergangenen beiden Jahren ein wenig freundlicher, ein wenig weniger verbissen geworden. Mehr lebensfroh und weniger katholisch, um es einmal so zu formulieren. Daher, liebe Salzburger und Innen – nur weil jetzt bei eurer Landtagswahl ein Kommunist elf Prozent der Stimmen bekommen hat, müsst ihr euch wie gesagt nicht ängstigen. Was sollen die Kommunisten mit ihren paar Prozenten schon groß anrichten. Und schlechter als die ÖVP können sie es eigentlich – selbst wenn sie vom Stimmenanteil her dazu in der Lage wären, was sie eh nicht sind – auch nicht machen. Und so kommunistisch sind die – von ein paar Ewiggestrigen in ihren Reihen vielleicht abgesehen – eh nicht. Und ich will gar nicht wissen, ob, wie viele und welche ewig Gestrige sich womöglich in den Reihen der ÖVP …
Jedenfalls jetzt, die ÖVP: Vor der müsst ihr euch sehr wohl fürchten. Denn wie schon in Niederösterreich vor kurzem, wie schon im Bund vor wenigen Jahren: Die Schwarzen schrecken aus Machtgier nicht davor zurück, mit den rechten bis in Teilen sogar extrem rechten Blauen gemeinsame Sache zu machen. Und vor denen muss man sich sehr wohl fürchten. Was die allein schon verbal alles anrichten können oder bereits angerichtet haben, nun ja – ein Blick in die jüngere Geschichte zeigt es. Marlene Svazek ist nun eure Landeshauptmann-Stellvertreterin? Blaue sind Landesräte? Und Wilfried Haslauers Schwarze haben ihnen in das ermöglicht? Gemeinsam tragen die nun die Verantwortung für das Wohlergehen eures Landes? Wollt ihr es wirklich den Niederösterreichern und Oberösterreichern nachmachen?
Also ganz ehrlich, meine lieben Salzburger Freunde und Innen, mir würde es da kalt über den Rücken laufen. +++