Der Aufstieg Bhutans aus den ärmsten Ländern der Welt gelang auch mit Hilfe der österreichischen Entwicklungskooperation. Ein Lokalaugenschein.
Das Königreich Bhutan verlässt heuer die Gruppe der 46 ärmsten Länder der Welt (least developped countries) und steigt in die Gruppe der Länder mit mittlerem Einkommen der Bevölkerung auf. Das BIP pro Kopf soll heuer die 4000 US-Dollar-Marke überschreiten, das ist fast doppelt soviel wie im nahen Bangladesch. Nicht nur die Armut wurde wirksam bekämpft. In Bhutan sind auch Krankenversorgung und Schulbildung gratis.
Am Aufstieg Bhutans hat die vor 35 Jahren begonnene Entwicklungszusammenarbeit Österreichs großen Anteil, vor allem die Kooperation in den Bereichen Tourismus, Stromerzeugung aus Wasserkraft, Forstwirtschaft, Justiz und bei der Ausbildung von Beamten.

Bhutan suchte sich Österreich 1987 als Entwicklungspartner selber aus, auch wegen der Ähnlichkeiten bei der Topographie. Das Land am Himalaya mit rund 780.000 Einwohnern, etwa halb so groß wie Österreich, liegt zwischen Tibet (China) im Norden und Indien im Süden und wird vom tibetischen Buddhismus geprägt. Imposante Klosterburgen (Dzongs) prägen die Landschaft. Wegen seines Waldreichtums- 70 Prozent der Fläche sind Wälder- und sauberer Energie durch Wasserkraftwerke erreichte Bhutan Neutralität beim Ausstoß von Kohlendioxid.
Wie der Geschäftsführer der „Austrian Development Agency“ (ADA), Botschafter Friedrich Stift, betonte, wird die Kooperation mit Bhutan trotz Schließung des eigenen Büros in Thimphu per Jahresende auf neuer Basis fortgeführt werden. „Freundschaft und Kooperation werden nicht enden, auch wenn Bhutan nicht mehr zu unseren Schwerpunktländern zählen wird. Vor allem im Tourismus und im universitären Bereich werden wir Bhutan weiter unterstützen und österreichische Firmen mit Geschäftsmöglichkeiten hier vertraut machen.“
So wurde eine Tourismus-Schule mit einem zweijährigen Lehrgang samt angeschlossenem Trainings-Hotel in Thimphu von Österreich mit über 4 Millionen Euro mitfinanziert. Die Tourismus-Akademie in Salzburg-Klesheim bildete Lehrkräfte aus und setzt die Zusammenarbeit noch bis 2027 fort.
Österreich finanzierte auch den Bau von vier Wasserkraftwerken mit Krediten und Zuschüssen. Durch Exporte von sauberer Energie nach Indien erhielt Bhutan Mittel zur weiteren sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. Zuletzt half Österreich bei der Installierung von Solar-Anlagen zur Erzeugung vom Warmwasser- unter anderem auch für buddhistische Klöster und bei der Reform des Justizwesens. So wurden sechs neue Niedrigenergie-Gebäude für Bezirksgerichte von Österreich finanziert. Dabei wurden auch Zugänge für Menschen mit Benachteiligung errichtet.
Das lange isolierte Land hat 2008 durch eine neue Verfassung ein demokratisches System im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie eingeführt. Die Modernisierung setzte schon früher ein: 1974 durften erstmals ausländische Besucher einreisen. Erst 1998 gestattete das Königreich als letztes Land der Welt Fernsehen und Internet. Durch die Pandemie stieg die Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren wieder an, während die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr stark zurückgingen. Bhutans Regierung setzt sich für einen nachhaltigen Tourismus ein und will reichere Besucher anlocken. So wurde heuer eine Gebühr für ausländische Besucher zur „nachhaltigen Entwicklung“ in der Höhe von 200 US-Dollar pro Tag eingeführt. Für längere Aufenthalte – etwa für Trekkingtouren- soll es Gratistage geben.

Bhutan hat noch eine Besonderheit zu bieten: Das Glück der Bewohner und Bewohnerinnen wurde als oberstes Ziel in der Verfassung verankert. Der Vater des jetzigen Königs, Jigme Singye Wangchuck, hatte auf die Frage nach dem BIP Bhutans geantwortet: „Das Brutto-National-Glück ist wichtiger als das Bruttonationalprodukt.“ „Gross National Happiness“ (GNH) wird in allen Fünfjahres-Plänen im Königreich berücksichtigt. Ein eigenes Glücks-Ministerium überprüft die Ziele regelmäßig durch Befragungen von ausgesuchten Bürgerinnen und Bürgern.
Sorge bereitet aber ein anhaltender Braindrain: So wanderten zehntausende Bhutaner nach Australien aus, das mit einer großzügigen Visapolitik vor allem Studenten anlockt. Dieser Braindrain könnte Bhutans Erfolgskurs in Gefahr bringen. +++
Lahodynsky-Bericht über seine Bhutan-Reise erscheint auch am Freitag in der Pfingstausgabe des profil. Einen ausführlichen Bericht auf englisch bringt das Magazin Cercle Diplomatique in seiner Sommer-Ausgabe im Juni.