Eine Dreiviertelfahrt im Kreisverkehr ums Lusthaus im Wiener Prater herum, dann rechts abbiegen in die Rennbahnstraße, und gleich nach ein paar Metern einfach am Straßenrand parken. Gegenüber liegt auf der rechten Straßenseite zuerst die Gösser Bierinsel, dann der Reitverein Freudenau. Sehr unprätentiös sieht das hier alles aus, niemand würde vermuten, dass sich links, hinter der alles andere als akkurat gepflegten Hecke, ein Golfclub verbirgt. Eine unscheinbare Gartentüre, man muss läuten, um eingelassen zu werden. Das ist die große Hürde, denn die bunte Welt da draußen getraut sich für gewöhnlich nicht, einfach so ins Allerheiligste der vermeintlich noblen Wiener Golfwelt eindringen zu wollen – und spaziert lieber vorbei.
Drinnen aber, da wartet eine andere Welt. Clubhaus und Umkleidekabinen haben schon, nun ja, bessere Zeiten gesehen, aber alles ist ruhig, immer noch schön, trotz einer gewissen Angegrautheit gepflegt, und das passt zu den Menschen hier. Wiener und Wienerinnen der tatsächlich oder vermeintlich besseren Gesellschaft und nicht unbedingt der jüngsten Generation, sitzen herum, ein wenig herrscht die Atmosphäre eines britischen Gentlemen´s Club, nur eben nicht so britisch und alles in allem vermutlich auch nicht ganz genau so Gentlemen. Im Prinzip steht die Anlage offen für alle, nicht nur für die Mitglieder. Ein wenig grüßt das vergangene Jahrhundert, etwas aus der Zeit gefallen wirkt die Szenerie. Am Platz dann: Romantik, Beschaulichtkeit, Idylle. Viele verschwiegene Ecken und kleine versteckte Plätzchen zwischen Trauerweiden, alles jahrzehntelang angewachsen, wie es sich in einem guten Golfclub so gehört. Üppige Vegetation im Frühling, alles so grün, wie die Natur eben nur kann.
Das Golfspielen hier ist schön, aber das bloße Spazierengehen auch. Eine Art vorpannonische Prater-Heidelandschaft öffnet sich im Innenfeld der alten Galopprennbahn, ein Natur-Kleinod mitten in der Großstadt. Das hat was. Viermal müssen die Golfer im Laufe einer Runde die Pferderennbahn queren, auch das ist ungewöhnlich. Spaziergänger sind nicht so richtig erwünscht hier, sie würden das Golfspiel stören. Aber man kann ja sagen, man studiert den Kurs für die nächste Runde, wird man gefragt. Schönbrunnergelbe Gebäude, fairwaygrüne Spielbahnen, rennbahnbraunes Galoppgeläuf, dazu in der Distanz Schlote eines Kraftwerks und ganz leise auch das Rauschen der Flughafenautobahn – alles mischt sich zu einer eigenartigen Collage aus Großstadt und Natur. Und im Herbst, am sehr späten Nachmittag, wenn man auf der Clubhausterrasse sitzt und Glück hat, dann dampfen die Fairways 1 und 18 die letzte Wärme des Tages in die kälter werdende Luft hinaus. Dann legt sich ein Bodennebel in einem Meter Höhe über alles, unter dem das Gras erlischt und über dem die Luft klar ist, ein gespenstisches, wunderschönes Schauspiel. Die Golfer mögen das nicht so sehr, man kann dann nicht mehr spielen. Doch dem Ort, diesem mehr oder weniger immer noch fast geheimen Platz mitten in Wien, nur wenige kennen ihn obwohl er beinahe ganz offen daliegt, tut das gut. Es schmeichelt ihm. Er wird dann noch einmal schöner. +++