Anfang 2014 war Irmgard Griss einer breiteren Öffentlichkeit völlig unbekannt, dann entdeckte sie der ebenso glück- wie hilflose damalige ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger als Chefin einer Kommission, die das Hypo-Alpe-Adria-Debakel aufklären sollte. Griss erledigte die Arbeit bravourös, kandidierte dann für das Amt des Bundespräsidenten mit einem durchaus respektablen Ergebnis, und wurde schließlich Abgeordnete der Neos im Nationalrat, bis sie dort nach einigen Jahren zurücktrat. In dieser Zeit schaffte sie, was Politikern für gewöhnlich heutzutage nicht mehr gelingt: Ihre Beliebtheitswerte stiegen und sie trat von der politischen Bühne mit mehr Bewunderern ab, als sie davor eingestiegen war.
Doch Griss schweigt seither nicht, sondern meldet sich immer wieder einmal zu demokratiepolitischen Fragen zu Wort und immer sind es kluge, bedachte Wortmeldungen. So auch diese Woche mit einem Kommentar in der Tageszeitung “Der Standard”. Die Wiedereröffnung des renovierten Parlaments solle ein Anlass sein, schreibt sie, der Vertrauenskrise der österreichischen Politik entgegenzutreten.
Genau das braucht das Land. In einer Zeit, in der wirtschaftliche und politische Korruption so eng miteinander verflochten sind wie schon lange nicht mehr, in der politische Entscheidungsträger ein so miserables Image aufweisen wie überhaupt noch nie in der Zweiten Republik, braucht es wieder mehr Anstand, mehr Ehrlichkeit, mehr echtes Engagement. Und weniger heiße Luft aus inkompetenten Mündern von Politikern, die sich nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten nach oben durchgekämpft, sondern sich aufgrund der Negativauslese der Ochsentour von Parteimühlen nach oben durchlaviert haben. Es braucht wieder Politiker mit Anliegen, mit Umsetzungswillen, mit Intelligenz und einem Bild der Zukunft, in dessen Mittelpunkt nicht der persönliche Machtgewinn steht, sondern die Menschen.
Und es braucht Politiker, die – das nur nebenbei – von genau jenem Schlag wie Griss sind und die, auch wenn sie sich bereits im Ruhestand befinden, weiter ihre Stimme erheben und sagen, was Sache ist. So, wie Irmgard Griss das tut. Für ihren Kommentar im Standard erhält sie von der such*stuff Redaktion den Titel “Heldin der Woche”. +++