Ist das tatsächlich so? Müssen sich Einpersonenunternehmen, sogenannte EPUs, wirklich vor dem Staat fürchten? Fest steht, dass Österreich traditionell ein Land der überbordenden Bürokratie ist. Sich darin nicht zu verheddern, ist selbst für größere Unternehmen und manchmal sogar für Konzerne eine Herausforderung. Eine Einmann- oder Einfraufirma stößt da schnell an Grenzen. Deren Wissen und Können sollte eigentlich für die Arbeit am Unternehmensgegenstand reserviert sein. Wenn es von der Befriedigung der Bedürfnisse des Amtsschimmels blockiert wird, kann das schnell existenzbedrohende Folgen haben.
Mehr als 600.000 dieser EPUs gibt es in Österreich. Inzwischen tragen sie wesentlich zur Wirtschaftsleistung des Landes bei. Krisen produzieren erstaunlicherweise eher mehr von ihnen – weil Menschen, die ihre Jobs verlieren und keine neuen finden, vom Staat via AMS sanft in Richtung Selbständigkeit gedrängt werden. Dann liegen sie nicht mehr auf der Tasche, sondern der Staat kann im Idealfall bei ihnen abkassieren.
Das tut er in der Regel auch: Über 28 Prozent des EBIT fließen allein in die Sozialversicherungsbeiträge. Unendlich viele Gebühren und Fallstricke gibt es, deren Umschiffung Geld und Mühe kostet. Dazu Steuergesetze, die alles andere als EPU-freundlich sind. Allein schon das Gründen ist in Österreich nach wie vor eine Wissenschaft für sich. Hilfe gibt es, aber nicht viel und nur beschränkt kostenlos – weil diese Gruppe, hauptsächlich “Neue Selbständige”, über keine starke Lobby verfügt, die sie gegenüber der Übermacht staatlicher Gelüste vertritt. Die Wirtschaftskammer, zu der rund die Hälfte der EPUs vom Gesetz zwangsverpflichtet werden, ist als Vertreterin Kleiner und Kleinster kaum geeignet. Endlich ein zeitgemäßes Gewerbe- und Kammerrecht, das nicht auf Rahmenbedingungen aus dem mittleren vergangenen Jahrhundert beruht sondern auf den Gegebenheiten moderner Arbeitswelten, ist dramatisch überfällig.
Was es von staatlicher Seite noch bräuchte: Einerseits ein modernisiertes und vor allem transparentes Sozialversicherungsrecht. Es kann nicht sein, dass sich Gesundheitskasse und SVS um die Zwangsversicherung mancher EPUs streiten – auf deren Rücken. Auch nicht, dass ab und an sogar Steuerberater mit den Abrechnungen der SVS überfordert sind. Dreijahresperioden der rückwirkenden Betrachtung und Berechnung sind inakzeptabel und für so manches EPU eine Todesfalle. Auch an der Schraube Steuerrecht gehört gedreht. Die Grenze von 35.000 Euro für Kleinstunternehmen, unter der bei Umsatzsteuer und Kostenpauschalierung Wahlmöglichkeit besteht, ist längst lächerlich. Diese Grenze gehört auf 60.000 Euro angehoben, eine an die Inflation gekoppelte Valorisierung sollte selbstverständlich sein. Beschämend, dass es so einen Automatismus noch nicht gibt. Auch der für umsatzschwache Dienstleistungs-EPUs geltende Kostenpauschalierungssatz von 20 Prozent des Umsatzes ist längst nicht mehr adäquat – schon gar nicht mitten in einer galoppierenden Teuerung, mit der die meisten EPU-Honorare nicht Schritt halten können.
Und natürlich gehört die Bürokratie abgebaut. Steuererklärungen müssen, da hatte der frühere Finanzminister Grasser ausnahmsweise einmal recht, wenn schon nicht auf einen Bierdeckel, dann wenigstens auf eine Formularseite passen. Es ist nicht einzusehen, warum ein EPU im schlimmsten Fall gleich ein paar Prozent des Umsatzes für den Steuerberater aufwenden muss, nur um seine Abgaben korrekt leisten zu können, weil alles so kompliziert ist.
So lange zumindest diese Probleme nicht behoben sind, ist die Antwort auf die Eingangsfrage einfach: Ja, selbstverständlich. Einpersonenunternehmen müssen sich vor dem Zugriff des Staates auf ihre Zeit, ihr Geld, ihre Erfolgschancen und ihre Nerven tatsächlich fürchten. +++