Der Kampf gegen Korruption in der EU muss energischer geführt werden.
Es ist ein heikler Kompromiss, den die 26 EU-Partner soeben mit Ungarn vereinbart haben. Die Kürzung der EU-Subventionen für Ungarn fällt mit 6,3 Milliarden Euro etwas geringer aus als ursprünglich mit 7,5 Milliarden Euro vorgesehen war. Dafür wird die ungarische rechtsautoritäre Fidesz-Regierung nicht – wie angedroht – mit einem Veto das neue Hilfspaket der EU für die Ukraine blockieren.
Somit konnte unter tschechischem EU-Vorsitz ein drohender Konflikt für das heute, Donnerstag, startende Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs rechtzeitig entschärft werden. Im Vorfeld haben die 26 EU-Länder schon Alternativen überlegt, wie sie das ungarische Veto aushebeln können.
Ungarns Premierminister Viktor Orbán dürfte eingelenkt haben, weil nun doch dringend benötigte Gelder aus der EU-Kasse fließen. Das betrifft auch den eingefrorenen Anteil Ungarns am Corona-Wiederaufbaufonds in der Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Dafür muss Ungarns Regierung aber noch die neuen Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption verschärfen.
Es war das erste Mal, dass ein EU-Land wegen Verletzungen des Rechtsstaates, wozu auch Korruption mit staatlicher Beihilfe zählt, belangt wurde. Erst der Ende 2020 gegen den Widerstand von Ungarn beschlossene neue Rechtsstaatlichkeitsmechanismus hat dafür gesorgt, dass Missbrauch von EU-Geldern und damit verbundene Verletzungen der Grundwerte der EU – wie die Unabhängigkeit der Justiz – in der EU mit Entzug von EU-Subventionen bestraft werden können.
Im Falle Ungarns hat die Regierung Orbáns dafür gesorgt, dass EU-Gelder für verschiedene Projekte an Familienmitglieder oder Freunde ausbezahlt wurden. So durfte Orbáns Schwiegersohn einen riesigen Auftrag zur Erneuerung der Straßenbeleuchtung in ungarischen Dörfern ausführen. Die Ausschreibung war auf seine Firma zugeschnitten worden.
Korruption ist aber nun auch in eine der EU-Institutionen eingezogen. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, die griechische Abgeordnete Eva Kaili von den Sozialdemokraten, steht im Zentrum eines umfangreichen Bestechungsskandals, in den weitere EU-Abgeordnete und Parlamentsmitarbeiter verwickelt sind. Nach monatelangen Ermittlungen der belgischen Justiz soll das Emirat Katar mit hohen Geldbeträgen an Abgeordnete versucht haben, Visa-Erleichterungen und andere Vorteile zu erreichen. Bei Hausdurchsuchungen wurden Geldsäcke mit einigen hunderttausend Euro in bar sichergestellt. Es soll auch teure Urlaubsreisen und Geschenke gegeben haben.
Kaili hatte vor der Fussball-WM in einer Rede im Europa-Parlament auffallend positiv die sozialen Reformen in Katar gepriesen. Am Dienstag wurde sie im Eilverfahren von allen Funktionen abgewählt. Doch der Schaden für das Image der einzigen direkt gewählten EU-Institution ist enorm. +++