Haben Sie es mitbekommen? In Tirol, im freien, heiligen, selbstbestimmten Land Tirol, wo die Madln stramme Wadln haben, wo Männer noch Stemmer sind, wo der Ötzi als DJ auftritt, wo Seilbahnen noch Seilbahnen sein dürfen, wo man die Gletscherschmelze für einen warmen Eislutscher hält, wo noch standhaft, ehrlich und hart gegen alles in der Welt gekämpft wird, was nicht tirolerisch ist, vor allem gegen Wien, da trug sich in dieser Woche folgendes zu:
Ein moralisch, mental und wohl überhaupt fehlgeleiteter Marketing-Mensch in der Tirol-Werbung ließ einen Werbefilm herstellen, der die Menschen auf das schöne Tirol aufmerksam machen sollte. Der Teufel muss ihn geritten haben, besser gesagt: sein vorweihnachtlicher Stellvertreter, der Krampus. Der – wir befinden uns ja im Advent – hielt Einkehr und bestellte im Video bei einer zünftigen Tirolerin, die Gott sei Dank genau so aussah, wie eine zünftige Tirolerin auszusehen hat, einen Latte Macchiato mit Hafermilch. Ehrlich, einen Latte Macchiato. Mit Hafermilch. Hafermilch! Und schlimmer noch: Das Werk fand seinen Weg in die Sozialen Medien.
Dass ein Krampus, der ein richtiger Tiroler sein will, natürlich keinen Latte Macchiato trinkt, ging völlig unter. Denn noch einmal: Hafermilch. HAFERMILCH! In Tirol!! Wo die Weiden grün und saftig und die Kühe schön und glücklich sind, daher die Milch, die sie selbstverständlich reichlich geben, wunderbar ist. Da will der Krampus Hafermilch!
Aufruhr! Entsetzen!! Entrüstung!!! Landesweit.
Selbstverständlich rückte umgehend die Landwirtschaftskammer aus, die – dem Himmel über Inntal, Brenner und Nordkette sei Dank – immer ein wachsames Auge über alles hat, was zu sehr ins Nichttirolerische tendiert, was den Tiroler Bauern und ihren Tiroler Kühen die gebührende Tiroler Achtung verweigert. Und ein Kaffee, in den Hafermilch statt Tiroler Kuhmilch kommt, das tendiert eindeutig zu weit ins Nichttirolerische. “Skandal!”, wurde gerufen. “Die Hafermilch bedroht unser heiliges Kuhmilchland!”, schrie man. “Das kann nicht sein!! Das darf nicht sein!!! Da muss man was tun!!!!”
Und tatsächlich, es wurde was getan.
Die Tirol Werbung musste das Video zurückziehen. Gerade noch rechtzeitig, bevor die Tiroler Welt in Hafermilch zu ertrinken drohte, danke Landwirtschaftskammer. Deren rechtschaffener Chef konnte also das Schlimmste verhindern. Was allerdings aus dem Marketingmann der Tirol Werbung wurde, man weiß es nicht. Vermutlich leidet er bereits in der Tiroler Hölle und muss dort mit bloßen Händen brennende Kühe melken, aus deren Tiroler Eutern Tiroler Lava spritzt, und das bis in die Tiroler Unendlichkeit.
Und dieser Krampus mit dem Latte Macchiato und der Hafermilch? Was wurde aus dem? Das wissen wir ebenso nicht. Er wird wohl Einreiseverbot ins Heilige Land auf Lebenszeit erhalten haben. Das wirft natürlich zusätzliche Fragen auf: Wie lange lebt so ein Krampus eigentlich? Hat er, immerhin weihnachtlicher Vorbote der Hölle, überhaupt etwas in einem heiligen Land verloren? Wie konnte der bisher durch die Kontrollen schlüpfen? Seit wann trinkt der Vertreter des Teufels außerdem Kaffee? Noch dazu in Tirol, wo doch ein zünftiges Schnapserl, ein gscheiter Enzian zum Beispiel, quasi tirolerische Teufelspflicht ist? Und wenn schon Kaffee, warum dann, noch dazu, ausgerechnet Latte Macchiato, dieses völlig untirolerische Auslandsgesöff aus dem Süden? Und nicht eine einheimische Variante, schwarz wie die Hölle, mit um des Landeshauptmanns Willen mit Lebensmittelfarbe finster gefärbter Kuhmilch? Kann der Hafer tatsächlich auch den Teufel stechen und seine Krampusse dann Hafermilch trinken lassen?
Wir wissen auch das alles nicht. Für uns als such*stuff Redaktion steht lediglich fest: Die Tiroler sind, wenn sie sich so richtig tirolerisch benehmen, eine Lachnummer für den ganzen Rest Österreichs. Und dieser unbekannte Krampus aus dem Filmchen ist unser Held der Woche. Weil: Was der sich getraut hat! +++