Eva Maria Hois ist Chefin des Grazer Büros für Weihnachtslieder, einem weltweiten Unikat. Wenn es ums Singen unter dem Christbaum geht, kennt sich niemand besser aus als sie.
such*stuff: Sie sind jedes Jahr vor Weihnachten eine gefragte Person, oder?
Hois: Das kann man so sagen. Wenn wir immer Ende November unsere Tore öffnen, erhalten wir pro Tag an die 60 Anfragen nach Liedern und Texten zum Thema Weihnachten.
Was wollen die Leute denn wissen?
Viele erinnern sich aus ihrer Kindheit an Texte oder Melodien und wollen wissen, was für ein Lied das ist, damit sie es am Heiligen Abend singen können. Die meisten Anfragen können wir mit unserem Weihnachtslieder-Heft abdecken. Wo das nicht geht, finden wir die Information in unserer Datenbank.
Gibt es auch ungewöhnliche Anfragen?
Natürlich. Einmal kam eine Frau, die wusste nur, dass in einem Lied ein “Vöglein” vorkommt. Wir haben´s gefunden, ich konnte es ihr sogar vorsingen. Eine andere erzählte von einer Reise nach Westafrika und wollte Ihren Gastgebern eine Version von Stille Nacht, Heilige Nacht in deren Dialekt “Bambara” mitbringen. Auch das haben wir geschafft.
Woher stammt Ihr Interesse für Weihnachtslieder und Ihr Wissen?
Ich bin Musikwissenschafterin und habe schon vor 30 Jahren für das Steirische Volksliedwerk eine Arbeit über Weihnachtslieder geschrieben. Bald danach arbeitete ich im Büro für Weihnachtslieder mit, das seit 1991 vom Volksliedwerk betrieben wird. Heute haben wir Zigtausende Datenbank-Einträge.
Warum berühren gerade Weihnachtslieder uns Menschen so?
Musik berührt uns generell. Weihnachten ist wohl so besonders, weil fast alle von uns aus der Kindheit schöne Erinnerungen haben und es als Familienfest positiv besetzt ist. Also auch Weihnachtslieder. Da geht es um die Sehnsucht nach einer heilen Welt, die in uns allen steckt. Die lässt sich in der Weihnachtszeit besser als sonst befriedigen. Zum Beispiel, indem wir Weihnachtslieder singen.
Was macht ein gutes Weihnachtslied aus?
Gut oder schlecht gibt es so nicht. Für Puristen muss ein Weihnachtslied zwar einen biblischen Bezug haben. Aber eigentlich geht es darum, ein Gefühl zu vermitteln, eine Stimmung, einen Weihnachtsbezug. So betrachtet ist also auch “Last Christmas” als Weihnachtslied in Ordnung. Ich würde da nicht zu streng sein.
Warum ist gerade “Stille Nacht, Heilige Nacht” so extrem erfolgreich?
Die Melodie ist recht eingängig und es gibt vor allem zur Entstehung des Liedes eine Geschichte. Dazu kommt, dass vor fast 200 Jahren Zillertaler mit dem damals neuen Lied in Deutschland und bald auch Amerika auftraten und es so rasch bekannt wurde. Bis zu einem gewissen Grad ist es wohl auch Zufall, wie bekannt und erfolgreich das eine Lied wird und das andere eben nicht.
Werden heute noch Weihnachtslieder komponiert?
Natürlich. Nur schaffen es von denen dann viele nicht über eine einmalige lokale Aufführung oder die Veröffentlichung in einem Liederbuch hinaus.
Und wie sieht die Zukunft der Weihnachtslieder aus?
So lange Weihnachten so gefeiert wird wie jetzt, wird es auch immer wieder neue Weihnachtslieder geben. Das eine oder andere von ihnen wird es auch schaffen, zu bleiben.
Haben sie ein Lieblings-Weihnachtslied?
Zwei sogar. “Maria durch ein Dornwald ging” mag ich sehr. Und dann noch “O liebes Jesulein”, das habe ich vor 25 Jahren für mich entdeckt und dann bemerkt, dass es in Maria Lankowitz aufgezeichnet wurde. Von dort komme ich, vielleicht liegt es mir deshalb besonders nahe.
Sperren Sie trotz Corona Ihr Büro für Weihnachtslieder auch heuer wieder auf?
Wir haben bereits offen. Seit dem erstem Adventsamstag können alle zwischen 9:30 und 18:00 Uhr in der Grazer Sporgasse einfach bei uns vorbei schauen, bis zum 22. Dezember. Man kann ganz formlos zu uns kommen und Fragen stellen. Jeden Mittwoch im Advent um 17:00 Uhr singen wir außerdem Weihnachtslider. +++
Büro für Weihnachtslieder: Öffnungszeiten
Steirisches Volksliedwerk
Montag bis Freitag 9:30 bis 18 h, Samstag 10 bis 17 Uhr
Sporgasse 23/III | 8010 Graz, Austria
T: +43 (0)316 908635 50 | F: +43 (0)316 908635 55