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Corinna Milborn im Porträt: Die Vernetzte

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Corinna Milborn ist eine der beliebtesten und meist ausgezeichneten TV-Moderatorinnen in Österreich.

Zu Hause im Bücherregal steht ein Schatz, ungenutzt, fast vergessen. Corinna Milborns Doktorarbeit – fertig, doch nie abgegeben – wartet darauf, zu einem Buch zu werden. Sie hat über Minderheiten in Südamerika geschrieben, Titel: “Maya-Widerstandsgemeinden in Guatemala während der Militärdiktatur”. Spannende Materie, versichert Milborn, aber beendet hat sie ihr Politikwissenschafts- und Gechichte-Studium dann ohne Doktortitel. Die Magistra wurde Menschenrechtsbeobachterin, eben in Guatemala, und WWF-Pressesprecherin. Erst danach ging es für die Tirolerin, die längst in Wien lebt, in den Journalimus – dafür aber gleich zu einer guten Adresse, in die damals noch vorhandene Außenpolitik-Redaktion des Nachrichtenmagazins “Format”.

Mittlerweile ist alles anders. Das Format, von dem Milborn später in die Chefredaktion des Schwestermagazins “News” gewechselt war, ist seit einigen Jahren eingestellt, und die außenpolitische Schreiberin Milborn macht jetzt Innenpolitik im Fernsehen. Zuerst als Chefredakteurin bei der privaten TV-Sendergruppe ProSieben-Sat1-Puls 4, dann als Informationsdirektorin, mittlerweile auch noch als Verantwortliche des Nachrichtenkanals “Puls 24”.

Rund 40 Redakteure und Redakteurinnen arbeiten dort seit 2019 – eine der größten redaktionelle Aufstockungen, die ein heimisches Medium seit Jahren absolviert hat, freilich vom Niveau null weg. Ähnlich fleißig rekrutiert nur Servus TV in Salzburg.

Beliebt beim Publikum, kompetent in der Sache, oftmals ausgezeichnet von Experten: Milborn ist eine der poilitischen Top-Journalistinnen Österreichs.

 Bestens vernetzt 

Corinna Milborn wird von ehemaligen Redaktionskollegen aus dem Format nachgesagt, dass sie “blitzgescheit” sei, und vor allem bestens vernetzt. Neue Herausforderungen zu finden, war noch nie ihr Problem. Jahrelang fungierte sie als Gastgeberin im damals runderneuerten Club 2 des ORF, bis dieser, ähnlich wie das Format, das Zeitliche segnete. Aber die umtriebige und durchaus ein wenig wuseilg daher kommende Milborn ist in vielerlei journalistischer Hinsicht gefragt – und erledigt Jobs, um die Kolleginnen und Kollegen sich reißen würden, fast nebenbei. Für Natascha Kampusch fungierte sie als Biografin, das Buch avancierte zum Bestseller. Auch die weltbekannte Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie engagierte Milbnorn als Co-Autorin für ihr Buch, ebenfalls ein Renner in den Buchhandlungen. Milborn war Moderatorin am Wiener Burgtheater, kuratierte Peter Turrinis Diskursreihe “zeit.punkt” am Theater in der Josefstadt, schrieb mit ihrem Senderchef Markus Breitenegger ein Buch über die Social Media.

Größte Herausforderung sind aber die Nachrichten. Private TV-Stationen haben es da nicht leicht, weil sie auf der einen Seite gegen den übermächtigen Ex-Monopolisten ORF kämpfen und andererseits mit der Nachrichtenrolle der Social Media fertig werden müssen, in die Plattformen wie Facebook oder Twitter ganz automatisch zusehends schlüpfen, ohne von journalistischen Ansprüchen oder Regulatorien gehemmt zu werden. “Es ist eine große Aufgabe, Journalismus im Fernsehen zu machen”, sagt die gelernte Printjournalistin Milborn.

Und sonst? Milborns nun schon Jahre zurück liegender Disput mit Stratosphärenspringer Felix Baumgartner rund um ein Palmers-Werbeplakat, dem sie Sexismus attestierte, wurde damals öffentlich abgehandelt – und ist längst kein Thema mehr. Aber er hat Spuren hinterlassen. Auf Facebook wurde ihr damals eine Vergewaltigung gewünscht (der Poster der Nachricht hat sich entschuldigt), und auch sonst bekam sie das mehr oder weniger volle Programm ab, dem bekannte und kontroversiell agierende TV-Gesichter in den Social Media heutzutage eben ausgesetzt sind.

Trotzdem, Nachrichten im Fernsehen zu machen, ist das Größte. “Die Menschen brauchen und wollen immer mehr Informationen, das ist beeindruckend”, sagt Milborn. Gut 100 Mitarbeiter arbeiten unter ihrer Fuchtel bei Puls 4 und den angeschlossenen Sendern insgesamt daran. Und alles wird immer wieder neu: “Mein Job verändert sich jedes halbe Jahr”, sagt Milborn und meint das eher enthusiasmiert, “nur die großen Linien bleiben gleich.” Auch verändert hat sich vor Jahren die Frisur, bei einer TV-Moderatorin durchaus ein Thema. Der Tageszeitung “Kurier” war das damals sogar eine eigene Story wert: Milborn trug aus persönlichen Gründen plötzlich Kurzhaarschnitt, ganz wie ihr journalistisches Vorbild Barbara Coudenhove-Kalergie. Auch das hat sich rasch wieder verändert, jetzt sind die Haare wieder lang. +++

 


Dieser Text erschien ursprünglich im Jahr 2019 im Magazin “profil” und wurde jetzt für such*stuff aktualisiert.