
Mit seinem menschenverachtenden Mail an alle Twitter-Mitarbeiter zeigt Neo-Firmenbesitzer Elon Musk nur eines: Die wirkliche Gefahr für den Fortbestand der Welt sind Milliardäre, die beginnen, zu viel politische und soziale Macht an sich zu reißen.
Eine Nachricht wie aus einer anderen Denkwelt. Was Elon Musk, dieser pittoreske und in den Grundzügen seiner psychologischen Winkelwelt für normale Menschen nur sehr schwer fassbare US-Multimilliardär, den Angestellten seines neuen Spielzeuges Twitter schrieb, ist verstörend. So kommuniziert nur ein gnadenloser Egozentriker mit seinen Angestellten, ein an der Grenze zur Soziopathie Wandelnder. Einer, dem andere Menschen und ihre Schicksale letztendlich völlig egal sind.
Milliardäre, die politische Macht an sich reißen, sind oftmals nicht nur schrullig im besseren, schräg im Normal- und verschroben im schlimmeren Fall. Sie sind gefährlich. Es gibt inzwischen genug Beispiele von Superreichen mit politischen Ambitionen, die als Führer von Gesellschaften kläglich versagt haben, weil sie letztlich nur das eigene Fortkommen ins Zentrum ihrer Bestrebungen stellten. Leuchtendes Beispiel: Donald Trump. Aber auch Silvio Berlusconi in Italien, Pedro Poroschenko in der Ukraine oder Thaksin Shinawatra in Thailand haben zu ihrer Zeit genug Schäden angerichtet. Der Schweizer Christoph Blocher oder der Austro-Kanadier Frank Stronach haben es, gesundem Volksempfinden sei Dank, nie bis ganz nach oben geschafft, der Souverän Wähler hat sie in seiner Gesamtheit rechtzeitig aufs Abstellgleis geschickt.
Doch stellen wir uns nur vor, übernächstes Jahr rittert Trump noch einmal um die US-Präsidentschaft und wird womöglich gewählt – den Amerikanern ist das zuzutrauen. Die Welt wird sich dann immer noch in Unordnung befinden. Russland und die Ukraine werden bestenfalls im Streit und schlechtestenfalls nach wie vor im Krieg liegen, China wird Taiwan bedrohen, Nordkorea Südkorea womöglich nicht nur mehr verbal attackieren. Und im Weißen Haus regiert dann ein erratischer Dummkopf, ein soziopathischer Narzisst mit Zugang zu einem beispiellosen Atomarsenal. Eine Horrorvorstellung.
Dabei ist dieser Weg, nämlich sich wählen zu lassen, ohnehin ein veralteter Zugang zu politischer Macht. Die modernen superreichen Potentaten lassen sich nicht mehr wählen, sondern kaufen sich Medien im ganz großen Stil. Und beeinflussen damit die öffentliche Meinung, die wiederum oftmals hilflose oder willfährige – beziehungsweise sowohl hilflose wie auch willfährige – Politiker beeinflusst, die nur mehr Staffage sind. Jeff Bezos gehört die Washington Post, Elon Musk gehört jetzt Twitter. Berlusconi hat seine Milliarden überhaupt mit dem Aufbau eines Medienimperiums gemacht. Trump hat das Soziale Netzwerk Truth Social gegründet. Ein österreichischer Immobilien-Milliardär besitzt indirekt jeweils nicht ganz ein Viertel an der Kronen Zeitung und am Kurier. So sieht moderne politische Macht aus. Und sie ist besonders gefährlich für Demokratien, denn diese Machthaber kann man nicht abwählen.
Und nicht immer gibt es solche Glücksfälle wie den eben erst verstorbenen Dietrich Mateschitz, der einen Teil seines unglaublichen Vermögens in einen honorablen, erfolgreichen und nur am Rande politisch engagierten Medienkonzern steckte. Zweifellos hat Mateschitz zum Funktionieren unseres gesellschaftlichen Miteinanders viel beigetragen – statt etwas herauszuziehen. Ähnlich wie Michael Bloomberg in den USA, ein anderer superreicher Besitzer eines Medienimperiums, den man ebenso eher auf die – spärlich besetzte – Seite der Guten als der Gefährlichen einordnen kann.
Hingegen bilden Milliardäre mit politischen Ambitionen, die sehr oft einem ungesunden Geltungsbedürfnis entspringen, das durchs Ausgeben von Geld nicht mehr befriedigt werden kann, die Mehrzahl. Sie stellen eine ernste Gefahr für Gesellschaften dar. Und im ganz Großen letztendlich eine Gefahr für die Welt. Sie in ihrer Egomanie, ihrer Rücksichtslosigkeit, ihrer – in manchen Fällen – Menschenverachtung nicht bis zu einem Punkt gewähren zu lassen, an dem es kein Zurück mehr gibt, ist eine der schweren, großen Aufgaben für die demokratische Resilienz von Staaten. Die Twitter-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen, die nun entlassenen ebenso wie die behaltenen, sollten schon einmal damit anfangen, ihren neuen Eigentümer in die Schranken zu weisen. +++