Es wird Zeit, sich mit dem Begriff „Stagflation“ vertraut zu machen.
Darunter versteht man die Kombination aus wirtschaftlicher Stagnation und gleichzeitiger Inflation. Genau das sagen die österreichischen Wirtschaftsforscher für das nächste Jahr voraus. Und die Prognosen von Wifo und IHS sind meist freundlicher als die spätere Realität, denn seit Ludwig Erhard weiß man, dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie ist. Da will man sich nicht vorwerfen lassen, die Stimmung mit düsteren Prognosen ruiniert zu haben.
Das Problem bei der Stagflation: Man findet nur schwer den Ausgang. Stagnation bekämpft man politisch mit höheren Staatsausgaben, die erhöhen aber die Inflation. Das geschieht gerade mit diversen verteilten Boni, Zuschüssen und Einmalzahlungen. Die Teuerung bekämpft man üblicherweise mit hohen Leitzinsen. Dadurch wird aber das Wirtschaftswachstum abgewürgt und überdies schickt man Italien möglicherweise damit in die Staatspleite.
Keine freundlichen Rahmenbedingungen also für die österreichische Bundesregierung. Diese hat zwar neuerdings den Vorteil, dass zur Abwechslung der Wirtschaftsminister etwas von Wirtschaft versteht, aber die Optionen bleiben dennoch begrenzt. Zudem wissen alle außer Tassilo Wallentin, dass die Zinspolitik für den Euro-Raum in Frankfurt bei der EZB gemacht wird und nicht am Wiener Ballhausplatz – also weder im Bundeskanzleramt noch in der Präsidentschaftskanzlei.
In den 70er Jahren sah sich die westliche Welt mit dem gleichen Problem konfrontiert, das ebenso durch massive Energiepreissteigerungen ausgelöst wurde. Der damalige US-Notenbankchef Paul Volcker reagierte damals mit radikalen Zinserhöhungen und andere Notenbanken mussten notgedrungen nachziehen. Er löste damit das Inflationsproblem, aber die Arbeitslosenzahlen schossen nach oben. Und Jimmy Carter, der ihn bestellt hatte, wurde als erster amtierender US-Präsident nicht wiedergewählt. Auch wenn diesmal die demografische Situation günstigere Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt bietet, werden Regierungen diesbezüglich vermutlich ebenso zögerlich reagieren wie Vampire bei Knoblauchgeruch.
Ein Weg hinaus könnte zwar ebenfalls politisch mühsam sein, aber zumindest nicht letal: Die viel zitierten und fast immer aufgeschobenen Strukturreformen. Die bestehenden Mehrkosten für Überschneidungen auf allen vier Verwaltungsebenen von der EU bis zur Gemeinde sind kein produktiv eingesetztes Steuergeld. Ein höheres Pensionsalter verbessert das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Pensionisten. Ernst gemeinte Entbürokratisierung für alle Unternehmen oder die radikale Verkürzung von Genehmigungsverfahren – etwa für Alternativenergien – könnten bestehendes Investitionskapital mobilisieren und im zweiten Fall sogar preisdämpfend wirken. Ein weiterer Vorteil: Man braucht dafür keine zusätzlichen Budgetmittel, sondern nur politischen Willen und Durchhaltevermögen. Man hat zwar den Eindruck, ersteres sei derzeit im Überfluss vorhanden, während zweiteres ein knappes Gut ist, aber die volkswirtschaftliche Realität sieht anders aus.
Gutscheine sonder Zahl zu verteilen ist sicher politisch einfach, aber es mildert nur die augenblickliche Situation und löst keine Probleme. Es ist nun eher die Zeit für das Bohren dicker Bretter. Also zum Beispiel für eine rasche Verwaltungsreform. Oder gar für ein positiv abgeschlossenes Genehmigungsverfahren zur Errichtung eines Windrades in Tirol, aber vielleicht sollte man die Hürde nicht gleich auf die maximale Höhe legen. +++
“Man braucht dafür …. nur politischen Willen und Durchhaltevermögen. ”
Der war gut 🙂