Start Editor's Blog Willkommen in der skurrilen, wunderbaren Welt der Quanten

Willkommen in der skurrilen, wunderbaren Welt der Quanten

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Lassen Sie mich eine Anleihe bei Shakespeare nehmen: Die Welt der Quanten ist von solchem Stoff, wie es auch Träume sind.

Nichts ist in ihr unmöglich, alles kann sein, alles geschehen. Physiker, die das Universum so gerne in streng geordnete Koordinatensysteme einteilen würden, treibt die Quantenmechanik regelmäßig an den Rand des Wahnsinns. Weil alles in ihr ungeordnet ist, unvorhersehbar, unscharf und ungenau, verschwommen. Manches ist manchmal so, manchmal anders, anderes wiederum ist manchmal anders, manchmal aber dann doch wieder so, und das alles gleichzeitig. Elektronen umkreisen den Atomkern nicht in Bahnen, sondern sind in Wahrheit hier oder dort, oder auch ganz woanders, oder eben überhaupt überall gleichzeitig. Licht ist eine Welle oder ein Teilchen, je nachdem, wann und wie man es beobachtet. Alles ist möglich.

Doch die Wissenschaft erkennt mehr und mehr: Die Quanten sind es, die in Wahrheit bestimmen, wie unsere Welt, unser Universum aussieht. Und wir Österreicher sind ganz vorne mit dabei. Das begann mit dem Wiener Nobelpreisträger Erwin Schrödinger, der als Begründer der modernen Quantenphysik gilt. Und es endet – vorerst – mit dem frisch gebackenen Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger. Von Schrödingers Katze – die in ihrer Box gleichzeitig lebendig und tot ist, je nach Beobachtung – bis zur spukhaften Verschränkung von Teilchen, die nichts miteinander zu tun haben: Die beiden Österreicher forschten und forschen ganz vorne mit, wenn die Physik versucht, die Rätsel der Quanten zu lösen und damit das Universum zu erklären.

Nützen wir diesen Anlass auch, um mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufzuräumen. Der sogenannte “Quantensprung” und sein umgangssprachlicher Gebrauch für etwas Großes, das gelungen ist, ist Schwachsinn. Denn bei Quanten geht es nicht um Großes, sondern es geht um das Kleinste, was denkbar ist.

Um das so unvorstellbar Kleine geht es, dass es uns nicht begreifbar scheint: um das Plancksche Wirkungsquantum, die Planck-Konstante also. Die kleinstmögliche Einheit, die imstande ist, für uns zumindest theoretisch sichtbare Information zu transportieren. Dahinter – besser gesagt: darunter – liegt eine Welt, die so verborgen und seltsam ist wie jene in Schwarzen Löchern, weil wir sie nicht sehen können. Falls sie überhaupt existiert. Warum sie unsichtbar ist? Weil wir keine elektromagnetische Strahlung kennen, deren Wellenlänge kurz genug wäre, um Informationen zu transportieren, die kleinere Dinge als eben das Plancksche Wirkungsquantum betreffen.

Genauso, wie nichts schneller als das Licht fliegen kann, kann nichts kleiner sein als das kleinste – wir sprechen von 10 hoch -34 Metern – Paket, das Energie zu transportieren imstande ist. Stellen Sie sich das nur vor: 10 hoch -34!

Genau an diesen beiden Einschränkungen scheitern die Physiker derzeit auch noch beim Finden der Weltformel – also jener Gruppe von Feldgleichungen, die das Universum erklären könnten, weil sie die vier Grundkräfte der Natur auf eine Urkraft zusammenzuführen imstande sind. Auch wenn noch so viel geforscht und gerechnet wird, selbst wenn zwischendurch die Stringtheorie als vielversprechender, jedoch in die Irre führender Ansatz da war: Es bleibt ein Mysterium, wie Gravitation und Quantenfeldtheorie – also das ganz Große (Raumzeit, Lichtgeschwindigkeit) und das ganz Kleine  – vereint werden können.

Aber irgendwann wird es gelingen. Und wetten: Es wird einem Österreicher gelingen. Oder zumindest einer Gruppe von Physikern, in der ein Österreicher eine Rolle spielt. Denn Schrödinger, Zeilinger oder wer auch immer: Die Welt der Quanten, der verschwommenen Dinge, der unvorstellbaren Vorstellungen, der Sachen, die ein bissl so und ein bissl so sind – das haben wir Österreicher ganz einfach drauf. +++

P.S: Gratulation Anton Zeilinger, zum Gewinn des diesjährigen Physik-Nobelpreises!