Immer mehr Österreicher, vor allem Wiener, denken an eine Ferienwohnung in Triest. Einige Großprojekte laufen oder starten demnächst. Die Preise sind momentan noch akzeptabel.
Ferdinand Bartl, ehemaliger Bankmanager und inzwischen Eigentümer einer etablierten Finanz-PR-Agentur in Wien, ist zufrieden. Lange hat er gesucht, aber dann fand er im Dörfchen Muggia, direkt vor den Toren Triests, im neuen Ferienresort Porto San Rocco, eine schöne, mittelgroße Ferienwohnung zu einem angemessenen Preis. Jetzt verbringt er dort mit seiner Familie viel Zeit.
Es ist wohl dieses altösterreichische Flair, das vor allem die Wiener seit einiger Zeit wieder so gerne nach Triest fahren lässt. Kaffeehäuser, Prunkbauten, eine gewisse freundlich-schrullige Grantigkeit der Stadtbewohner, das alles ist uns Österreichern nicht unvertraut. Triest, das ist der Norden des Südens, der Süden des Nordens, der Osten des Westens und der Westen des Ostens, schrieb einmal ein bekannter italienischer Journalist. Fest steht: Triest boomt. Dazu kommt seit einigen Jahren als Folge von Terroranschlägen auf bekannte internationale Touristenziele – und nun auch als Folge von Reiseeinschränkungen dank Corona – eine Renaissance nahe liegender Urlaubsziele. Fakt ist: Triest und die Umgebung der Stadt bis ins slowenische Grenzdörfchen Piran auf der einen und Grado sowie Lignano auf der anderen Seite boomt. Österreichisch ist seit einiger Zeit wieder eine Sprache, die man beim Bummeln durch die Straßen und Gassen der Stadt sowie über den Hauptplatz, die Piazza dell Unità d´Italia, häufig zu hören bekommt. Und bei näherem Hinsehen zeigt sich: Triest könnte ein interessanter Platz für Immobilieninvestments sein.
Denn obwohl in der Vergangenheit die Altstadt – vor allem die beiden Viertel Borgo Teresiano und Cavana – großzügig renoviert und wiederbelebt wurden, befinden sich die Immobilienpreise nach wie vor in verträglichen Sphären. Weit entfernt jedenfalls von den Spitzenwerten, die Wien, Salzburg, Graz oder Linz inwzsichen erreicht haben. Wohnungen in Triest gibt es im Augenblick noch zu relativ günstigen Konditionen, auch wenn die Talsohle wohl schon durchschritten wurde und die Preise langsam zu steigen beginnen. >>
Triestiner Porträt I: Rocco in Porto San Rocco
In eine Ferienwohnung im nahen Süden investieren, das wollten der ehemalige Bankmanager und nunmehrige PR-Agenturbesitzer Ferdinand Bartl und seine Frau Christine schon lange. Sie suchten auch lange, vornehmlich in der Region um Venedig, Caorle, Lignano. “Ziemlich enttäuschend war das Angebot dort”, sagt Bartl – von einem ordentlichen Preis-Leistungsverhältnis keine Rede. Dann wurde im allerletzten Winkel Italiens, hart an der Grenze zu Slowenien, der alte Hafen der kleinen Triest-Vorstadt Muggia, Porto San Rocco, in ein modernen Ferienwohnungs-Projekt umgewandelt. Dort gab es – und gibt es immer noch – plötzlich moderne, hochwertige Wohnungen zu einem vertretbaren Preis. Das Resort liegt direkt am Meer, wird zentral gemanagt, es gibt Freizeitanlagen inklusive Schiffsanlegeplätze, einen Park und einen Pool. Ferienwohnungsbesitzer mischen sich mit Einheimischen zu einem bunten, freundlichen Bewohner-Konglomerat. Die Anlage ist öffentlich, Straßenverkehr gibt es aber keinen, da Autos in eine Tiefgarage umgeleitet werden. Die Bartls, in Wien und St. Pölten zu Hause, haben sich gut eingelebt und sind oft vor Ort. Ihr Hund, der weiße Schäfer “Rocco”, ist dank seines Namens inzwischen sogar zum Star der Anlage in Porto San Rocco avanciert. +++
>> Eine kernsanierte 80-Quadratmeter-Dreizimmerwohnung mitten im Borgo Tersiano im Zentrum der Stadt um 149.000 Euro? Gibt es. Ein 43-Quadratmeter-Studio, ebenfalls neu renoviert, direkt in der Altstadt um 130.000 Euro, keine fünf Gehminuten von der Meerespromenade “Rive” entfernt? Ebenfalls erhältlich. Oder eine renovierungsbedürftige Groß-Altbauwohnung mit Terrasse, auch in Zentrums- und Meeresnähe? Gar nicht so schwer zu finden. Das Angebot ist vielfältig und beinahe schon unüberschaubar, Immobilienmakler finden sich in Triest derzeit an allen Ecken. Natürlich gibt es auch Probleme, die man in Kauf nehmen muss. Etwa die Parkplatzsituation in der Stadt. Freie Garagenplätze sind kaum vorhanden und wer sein Fahrzeug auf der Straße parken möchte, braucht eine ordentliche Portion Glück, um einen Platz zu finden. Dann natürlich die Sprache: Auch wenn viele, vor allem ältere Triestiner einigermaßen gut Deutsch können, ist die Sprachbarriere nicht zu unterschätzen. Und Renovieren ist im immer noch einigermaßen chaotischen und bürokratischen Italien auch ein Thema für sich. Aber Mühe und Investment lohnen sich wahrscheinlich, denn die Preise werden zweifelsohne steigen.
Viele Österreicher, vor allem Wiener und Grazer, nutzen nach dem Erwerb einer Wohnung in Triest auch eine Art Mischmodell – sie verbringen selbst so viel Zeit wie möglich vor Ort und vermieten im Rest des Jahres ihr Apartment als Ferienwohnung über Plattformen wie zum Beispiel AirBnB. Auf diese Weise lässt sich über die Jahre mit dem Zweitdomizil deutlich mehr als Betriebskosten und Steuern verdienen. Und die Wertsteigerung bleibt auch noch. Kein schlechtes Geschäft.
Immobilienkauf in Italien
Grundsätzlich genießen österreichische Käufer in Italien dieselben Rechte wie Einheimische, weil sie EU-Bürger sind. Trotzdem sollte man nicht kaufen, ohne die Immobilie von einem Sachverständigen begutachten zu lassen. Reine Privatkäufe sollten mit Vorsicht behandelt werden, besser ist es, die Dienst eines Maklers in Anspruch zu nehmen und alle Verträge von einem Übersetzer übersetzen zu lassen, der weder mit dem Makler noch dem Verkäufer in Beziehung steht. Wer in Italien eine Immobilie erwirbt, muss eine Katasterabgabe, eine Registersteuer und eine Überschreibungsabgabe zahlen – die jeweilige Höhe variiert, je nachdem ob die Immobilie als Haupt- oder Zweitwohnsitz genutzt wird. An laufenden Abgaben sind jährlich eine – kompliziert zu berechnende – Grundstücksteuer sowie eine Etragsabgabe über die Einkommensteuer beim italienischen Finanzamt zu bezahlen. Wenn man weder die Sprache noch das Steuerrecht beherrscht, ist es wohl nötig, sich Hilfe zu besorgen, was einen gewissen laufenden Kostenfaktor darstellt. >>
John und Giulia, Triestiner auf Teilzeit
Giulia Tardivo und John Adler sind ein internationales Pärchen. Sie wurde in Goricia nahe Triest geboren, hat dort studiert und später auch in Lissabon gelebt. Jetzt wohnt sie mit ihrem Lebensgefährten in Graz, arbeitet an der Uni als Lektorin für Italienisch. Und er wurde im kanadischen Vancouver geboren, werkt als Manager in der deutschen Automotive-Industrie und pendelt zwischen dem Hauptwohnsitz Graz und seinem Arbeitgeber. Die beiden Wahlgrazer wollten zusätzlich noch einen Zweitwohnsitz – am Meer, denn die Zuneigung zur großen Weite haben beide im Blut. In Frage kamen Lissabon – zu weit weg, zu teuer – und eben Triest. Vor drei Jahren fanden sie eine Wohnung nahe dem Giardino Publico. Jetzt verbringen sie viel Zeit im Jahr in der neuen, zweiten Heimat. “Ich habe schon während meiner Studienzeit gelernt, die Stadt zu lieben”, sagt Tardivo. Da war es nur ein kleiner Schritt, sich hier anzusiedeln – auch für Freund John, für den Triest überhaupt so etwas wie eine “ideale Stadt” ist. Das größte Problem, die Parkplatznot, lösen sie gerade mit dem Kauf einer Garage. Einen Restaurant-Tipp haben sie auch parat: Das kleine, familiäre Fischlokal “La Rosa Dei Venti” im Osten der Stadt. +++
>> Aber nicht nur der private oder halbprivate Wohnungsmarkt in Triest boomt. Zusehends entstehen dort auch riesige Projekte wie zum Beispiel das eingangs erwähnte Ferienwohnungsviertel Porto San Rocco in Muggia. Dort wurde vor einigen jahren eine riesige, alte Apartmentanlage renoviert und zum Teil auch neu gebaut, nun stehen in der neuen Anlage direkt am Meer viele Wohnungen in unterschiedlichsten Größen nach wie vor zum Verkauf. Es gibt Anlegeplätze für Boote, Freizeiteinrichtungen, Restaurants – alles im Viertel. Auf der anderen Seite der Stadt, in Richtung Lagune von Grado, wurde überhaupt ein ganzes Fischerdorf neu errichtet. Ein Investor hat bei Sistiana eine ganze Bucht regelrecht in den Karst gesprengt und dort Hunderte Luxusapartments in den unterschiedlichsten Stilen und Größen gebaut, nicht wenige davon wegen der geschmalzenen Preise noch unverkauft. Wer unter “Portopiccolo” sucht, wird Angebote finden – Tiefgarage, Bootsliegeplatz und künstliche italienische Fischerdorfidylle inklusive.
Triestiner Großprojekte
Es gibt weitere Projekte. Zwischen Triest und Portopiccolo etwa wurde ein Hotel aus den 1970er-Jahren renoviert und in eine große Apartmentanlage umgebaut, Wohnungen gibt es dort immer wieder, die frei werden und zum Verkauf stehen. Allerdings sind auch sie zumeist keine Mezzie, dafür steht die Anlage “Europa” aber direkt am Wasser, man hat einen Privatstrand zur Verfügung und seine Ruhe vor touristischen Besuchern aller Art.
Auch in Triest selbst ist ein echtes Großprojekt im Entstehen, bei dem sogar österreichische Investoren mit an Bord sind. Das verfallene Viertel um den alten Freihafen, den Porto Vecchio, soll revitalisiert werden. In der Endausbaustufe könnten dort Tausende Wohnungen entstehen, was den Markt in der Stadt noch einmal kräftig durcheinander wirbeln dürfte. Für Investoren könnte das durchaus interessant sein, weil die Lage einzigartig ist und viele der neuen Apartments dann mehr oder weniger direkt am Meer liegen werden. Wer vorher schon woanders in der Stadt gekauft hat, sollte beachten: Wenn so viele neue Wohnungen auf den Markt kommen, sinken die Preise – zumindest für eine gewisse Zeitspanne. Allerdings ist das Projekt zuletzt wieder ins Stocken geraten. Und wer die Gepflogenheiten in der Stadt kennt, in der Änderungen und Neuerungen für gewöhnlich eher länger brauchen, bis sie sich durchsetzen und verwirklichen lassen, der weiß: Bis der Porto Vecchio wirklich zu einem ganz neuen Wohn- und Geschäftsviertel geworden sein wird, dürfte noch einiges Wasser an die Gestade der Adria gespült werden. Da könnten sich schon eher in der Altstadt, dem Cavana-Viertel, noch ein paar Schnäppchen auftun, wo nach wie vor Häuser in großem Stil renoviert werden.
Wer jedenfalls einen langen oder zumindest mittelfristigen Atem hat, für den ist Triest, die alte K&K-Hafenstadt an der nördlichsten Ecke der Adria, derzeit ganz sich eine Stadt der Chancen, wenn es um den Erwerb von Immobilien geht. PR-Agenturbesitzer Bartl hat es jedenfalls bisher nicht bereut, die Chance genutzt zu haben. +++