Es war fast ein Déjà-vu in Türkis: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft richtet eine Sicherstellungsanordnung an das Kanzleramt, um Mails und Dokumente von – zugegeben – einer großen Anzahl von BKA-Mitarbeitern zu erhalten. Es geht um die sogenannte „Inseratenaffäre“, also um die Sabine-Beinschab-Umfragen und die Inserate in „Österreich“, für die möglicherweise rechtswidrig Steuergeld geflossen sein soll. Der Hintergrund der Sicherstellung ist wohl, dass angeblich ein beträchtlicher Teil der letzten Arbeitsstunden von ausscheidenden Mitgliedern des Kabinetts Kurz mit Löschen von Daten verbracht worden sein soll.
Und was macht das Bundeskanzleramt? Es weigert sich, der Anordnung Folge zu leisten und lädt die WKStA zum Gespräch. Auch Staatsanwälte können Fehler begehen – selbstverständlich. Aber das korrekte Vorgehen dagegen heißt, den Rechtsweg einzuschlagen und nicht darüber zu verhandeln. Zumindest in einem Rechtsstaat, und als solchen sieht wohl auch das Bundeskanzleramt Österreich.
Einer Sicherstellungsanordnung ist in diesem Land Folge zu leisten. Ansonsten droht die Hausdurchsuchung. Bekämpfen kann man eine solche Anordnung wegen mangelnder Rechtmäßigkeit bei Gericht – und nur dort. Nicht im Besprechungsraum und nicht im Pressegespräch, das das BKA anschließend einberief.
Man erinnere sich an die Weigerung des Finanzministeriums, dem Ibiza-U-Ausschuss die angeforderten Daten zu liefern. Bis zum Höchstgericht musste eskaliert werden, bevor das Ministerium die Schachteln in das Parlament transportierte.
Und abermals handelt man nun in der Tradition Sebastian Kurz, der die Gültigkeit des Rechtsstaates zu bezweifeln begann, sobald sie ihn selbst betraf. Der Schaden, den man beim Vertrauen der Bevölkerung auf das sinnvolle Zusammenwirken der Staatsorgane und auf die Effektivität der Justiz anrichtet, wird offensichtlich in Kauf genommen. +++
Es ist tatsächlich unglaublich, mit welcher Nonchalance sich der türkise Part der Regierung über rechtsstaatliche Grundsätze hinwegsetzt, wenn es dem eigenen Machterhalt oder der Vertuschung möglicherweise zwileichtiger Vorgänge dient.