Ein Österreicher mischt die Branche auf: Die Frauscher-Werft gehört zu den drei größten Yachtbauern im deutschen Sprachraum und Michael Frauscher ist einer der erfolgreichsten Bootsbauer in Österreich.
Die dunkle Limousine fegte durch die Straßen der marokkanischen Hauptstadt, begleitet von einer Motorradeskorte. Die Polizisten auf ihren Maschinen nützten Blaulicht und Folgetonhorn ausgiebig, um den Weg zum Hafen freizuräumen. Die Einheimischen wussten: So ist nur die Königsfamilie unterwegs. Der Wagen hielt am Hafen von Rabat in jenem Bereich, wo die Royals ihre Riesenyacht zu betreten und verlassen pflegen. Der Chauffeur öffnete den Schlag, aus dem Auto stiegen: zwei Monteure in Arbeitsoveralls, sperrige Werkzeugkisten in der Hand. Michael Frauscher, einer der beiden Männer, lacht heute noch, wenn er an die Gesichter der Marokkaner denkt, die sich einen Blick auf ihren König erhofft hatten. Er war mit einem Mitarbeiter vor Ort, um in königlichem Auftrag Arbeiten am neuen Beiboot zur Yacht des Monarchen vorzunehmen, bevor seine Hoheit in See zu stechen gedachte.
Das Wort Beiboot ist irreführend. Denn was die oberösterreichische Frauscher-Werft als “Beiboote” an Superreiche ausliefert, geht bei normalen Wohlhabenden als Luxusyacht durch. Knapp 15 Meter lang ist zum Beispiel das Modell “Demon”, innen größer als so manche Ferienwohnung, luxuriöser auf jeden Fall, und außen ein Wunderwerk aus feinen Materialien von Teak bis Edelmetall. Unter einer Million Euro Kaufpreis ist nichts zu machen und Sonderwünschen sind wenig Grenzen gesetzt.
Eines dieser Exemplare, das auf den Namen “Xerxes” getauft werden soll, wenn es demnächst vor Ibiza zu Wasser gelassen wird, befindet sich in der Werkshalle am Traunsee gerade in der Endauslieferung. Schwarz wie die Nacht sind Rumpf, Deck und Interieur, ungewöhnlich für eine Yacht. Der künftige Eigner, ein deutscher Star-Architekt, will es so. Mit einem eigenen Team sei der Mann angereist, erzählt Frauscher, um bei der Innenausstattung mitzureden. Unter Deck ist alles dunkel und bezeugt einen sehr speziellen Geschmack. Fotografiert werden darf nicht, weil: Privatsphäre. Immerhin ist es Frauscher erlaubt zu erzählen, dass allein die Armaturen in den Nassräumen mehr kosten als anderswo ganze Luxusbäder.
Traumfabrik
Michael Frauscher ist ein Verwirklicher von Träumen, ein Ingenieur von Emotionen. Die Werft seines Großvaters und später seines Vaters, gegründet 1927, hat er von einem biederen Elektroboothersteller zu einer kleinen Traumfabrik umgemodelt. Die familieneigene Consultingagentur der Porsches hat ihn dabei beraten. Das Unternehmen, das er mit Bruder und Cousine führt, baut an die 80 Boote im Jahr, alle in Handarbeit. Für kleine Brieftaschen ist das eher nichts. Die Preispalette beginnt beim Elektroboot um rund 60.000 Euro mit viel Luft nach oben, bestens geeignet für mitteleuropäische Seen. Und endet eben bei 15-Meter-Yachten fürs große Meer, bei denen es keine finanziellen Grenzen gibt. Nachgefragt wird wie wild, Frauscher trifft mit seinen edlen Designs, die von Gerald Kiska und dem jungen Traunseer Stephan Everwin stammen, wohl einen Nerv. Der Betrieb brummt. Es gibt Tochterfirmen auf Mallorca, in Miami und in Port Grimaud bei St. Tropez. Am Traunsee betreibt die Werft einen eigenen Hafen, am Neusiedlersee wurde soeben eine Zweigstelle eröffnet. Frauscher liefert an Europas Nobel-Küstenorte, in die USA und in die halbe restliche Welt.
Dabei ist Michael Frauscher, einer von rund 25 ausgebildeten Bootsbauern in Österreich, alles andere als ein expansiv auftretender Mensch. Eher wirkt er verbindlich, wenn er Besucher durch die Werft führt, detailverliebt und stolz auf das, was da an Rümpfen, halbfertigen und fertigen Schiffen herum steht. “Schifferlfahren” ist eines seiner Lieblingsworte, das er bei Rundgängen in den Mund nimmt. Um die Boote der Frauscher-Werft türmen sich Anekdoten: Zum Beispiel die vom internationalen Großindustriellen mit österreichischem Familienbackground, der sich wohl eine Yacht leisten könnte, die größer ist als der ganze Zeller See. Der aber dezidiert das kleinste Elektrobootmodell ohne Sonderausstattung orderte, um Bescheidenheit zu demonstrieren und die Nachbarn am Salzburger Gewässer nicht zu beschämen. Vorgestellt wurde Frauscher der Industrielle von TV-Entertainer Thomas Gottschalk, der jahrelang eine Frauscher-Yacht besaß und dem Werft-Chef aus lauter Zufriedenheit einen dreijährig gültigen Backstage-Pass für seine Wetten-Dass-Shows ausgestellt hatte. Bei den Khashoggis in Saudiarabien war Frauscher auch schon eingeladen, Boot haben sie ihm aber keines abgekauft.
Er will ohnehin nicht nur Hoflieferant für Milliardäre sein. “Die kommen automatisch”, sagt er. Näher sind ihm Kunden, die jahrelang sparen, um sich ein Elektroboot für einen heimischen See anzuschaffen, vielleicht anstelle eines Campers. Zu Frauscher-Bootsbesitzern sagt er ausdrücklich nicht Kunden, sondern “Gäste”. Das treffe die Gesamterfahrung besser, die er mit seinen Booten abliefern will. “Wir verkaufen Erlebnisse und Gefühle”, sagt Frauscher. Der Ex-Vorstand eines Mega-Konzerns hat ihm, als er in den Ruhestand trat, aus Begeisterung sogar angeboten, im Feriendomizil auf Mallorca nebenher als Bootsverkäufer zu arbeiten. Frauscher lehnte ab, könnte sich das für sich selbst aber gut vorstellen, wenn er als Werft-Chef abtritt. Persönlicher Pensionstraum des Verwirklichers von Träumen: Auf Hawaii oder Mallorca als Teilzeit-Botschafter der Werft leben. Und dann mit den Kunden, also den Gästen seiner früheren Firma, möglichst viel Schifferlfahren gehen. +++