
“Eine kräftige Zinserhöhung“ sei das. So kommentieren die meisten Medien das Ergebnis der Juli-Sitzung des EZB-Rates, wonach der wichtigste Leitzins auf 0,5 Prozent angehoben wurde. Wie bitte? Bei einer Inflation von derzeit 8,6 Prozent in der Eurozone? „Kräftig“ ist das höchstens, weil der Leitzins nach mehr als sechs Jahren nicht mehr bei einer glatten Null liegt. Erinnert sich in der Europäischen Zentralbank EZB eigentlich noch jemand daran, was Zinsen einmal waren?
Zinsen sollten der Ertrag sein, damit man der Bank sein Geld leiht, ihr Konkursrisiko mitträgt und dafür einen Teil des von ihr mit dem geliehenen Geld erzielten Gewinns erhält. Einige Jahrhunderte lang hat es gut auf diese Weise funktioniert und Sparer haben ihr Geld damit fast immer real vermehren können. Heute jedoch ist alles anders: Heute gibt man der Bank sein Geld – und als Ergebnis spendet man jährlich acht Prozent davon an einen Fonds zur Rettung der italienischen und griechischen Staatsfinanzen. Auch wenn gerade wieder einige Irrlichter der Fünf-Sterne-Bewegung aus Bella Italia den italienischen Ministerpräsidenten zur Aufgabe zwingen – das Mandat der EZB heißt Preisstabilität. Um den Euro zu sichern und nicht die dauerhafte Finanzierung des Versagens der Politiker südeuropäischer Staaten. Wer den „Club Méditerranée“, soll einfach dort Urlaub machen.
Jetzt ist allgemein bekannt, dass die derzeitige Erhöhung der Energiepreise, die uns solche Probleme macht und die inflation treibt, nicht hausgemacht ist. Sondern dass sie von außen kommt. Das trifft aber, nur zum Beispiel, in der Schweiz ebenfalls zu – dort liegt die Inflationsrate aber nur bei 3,4 Prozent. Ein Grund könnte sein, dass der Franken gegenüber dem US-Dollar aufgewertet hat und nicht abgerutscht ist wie der Euro, was die meist in Dollar abgerechneten Energieimporte noch teurer macht. Aber es gibt auch noch andere Gründe, und da sind wir sofort wieder beim Thema Notenbanken: Die Schweizer Zentralbank kümmert sich nämlich tatsächlich primär um die Stabilität des Frankens und nicht um die Finanzen südlicher Kantone, zum Beispiel des Tessins. Natürlich hinkt der Vergleich ein wenig, aber mit diesem Hinken ist man immer noch viel schneller auf den Beinen als Europas Zentralbank-Chefin Lagarde und ihre Kollegen im Frankfurter EZB-Turm. Bis die Spareinlagen der Europäer und Europäerinnen nämlich wieder dort sind, wo siew eigentlich sein sollten, siond noch fast 20 solcher „kräftigen“ Zins-Erhöhungen nötig, wie die EZB sie gerade vorgenommen hat. Damit wird deutlich, wie lächerlich dieses angeblich so kräftige 0,5-Prozent-Sprüngerl der Leitzinsen in Wahrheit ist. +++